Der Film "Haindling - und überhaupts" in der AZ-Kritik
Bayerisches Gesamtkunstwerk: Das Künstlerporträt "Haindling - und überhaupts" von Toni Schmid
Der Gute Laune Film des Jahres!“, brüllt das Plakat, und das auch noch ohne Bindestriche – da möchte man gleich irgendwo anders sein, nur nicht jetzt, nur nicht hier im Kino. Mürrisch nimmt man Platz und schaut mit halbem Blick auf die Leinwand. Und dann kann man sich dem Zauber doch nicht entziehen. Man lernt einen zufriedenen Menschen kennen: Hans-Jürgen Buchner alias Haindling, benannt nach seinem niederbayerischen Heimatort.
So geht also ein gutes Leben: Man verdient seinen Lebensunterhalt als Keramiker, trifft dabei auch noch die Frau seines Lebens, und fängt irgendwann aus Verdruss über die Musik im Radio an, Musik zu machen. Bald wird niemand mehr wissen, dass man eigentlich Keramiker ist, weil man der Mitbegründer der selbstbewussten bairischen Musik geworden ist.
Das ist Jahrzehnte her, Haindling hatte ein paar Hits, hat viel Filmmusik geschrieben, reiste durch Bayern, Deutschland und die Welt. Und Hans-Jürgen Buchner lebt immer noch im alten Wirtshaus in Haindling, das einst leer stand und das er kaufte, um sich dort einen kleinen Garten Eden anzulegen, durch den er, bekleidet mit einer unglaublichen Blumenhose, im Verlauf des Films immer wieder streift, um hier und da im Idyll zu posieren. Hans-Jürgen Buchner steht als Umweltschützer an der Donau und erklärt dann, dass es sinnvoller sei, mit Andersdenkenden zu reden, statt sie zu bekriegen.
Immer wieder zeigen sich Parallelen zu den wunderbaren Reisefilmen des Franz Xaver Gernstl. Das liegt nicht nur daran, dass – natürlich – deren Musik schon von Haindling stammte; auch Gernstls Kameramann HP Fischer und sein Tonmann Stefan Ravasz waren beim Haindling-Film im Einsatz. Kamera und Ton an, draufhalten, auch dann noch, wenn andere schon längst wieder ausgemacht hätten, so kommen die besonderen Momente zustande. Das ist natürlich auch dem Schnitt von Carmen Kirchweger zu verdanken, der Hektik vermeidet. So sieht man also Herrn und Frau Buchner, wie sie lange versuchen, sich in einer sehr engen Nische an einem winzigen Tisch zu platzieren. Oder Herrn Buchner, wie er sich idyllisch vor seiner Haustür aufstellt. Und dann immer wieder: alte und neue Konzertmitschnitte, auch aus China, wo die Band dreimal gastierte und gefeiert wurde, obwohl das Publikum natürlich kein Wort Bairisch verstand. Sehr schön, das alles.
Trotzdem: Mit „Der Gute Laune Film des Jahres!“ soll doch lieber ein Film mit Adam Sandler oder so beworben werden.
R: Toni Schmid, 90 Minuten, läuft im Gloria, City und Mathäser; am 5. Juli 2015 spielt Haindling beim Tollwood-Festival
- Themen:
- Adam Sandler
- Tollwood-Festival