Deine Juliet in der AZ-Filmkritik

"Deine Juliet" ist Mike Newells berührende Verfilmung eines Briefromans.
von  Margret Köhler
Journalistin Juliet (Lily James) trifft Dawsey Adams (Michiel Huisman) .
Journalistin Juliet (Lily James) trifft Dawsey Adams (Michiel Huisman) . © Studiocanal GmbH

Sein filmischer Bilderbogen reicht von "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" über das Fantasy-Abenteuer "Prince of Persia" bis hin zu "Harry Potter und der Feuerkelch". Mike Newells heimliche Favoriten sind aber Literaturverfilmungen. Nach "Die Liebe in den Zeiten der Cholera" und "Große Erwartungen" widmete er sich dem einzigen Roman von Mary Ann Shaffers, der nach ihrem Tod veröffentlicht wurde, ihre Nichte Annie Barrows übernahm die Endfassung. Wie der Brite Newell aus diesem Briefroman einen berührenden und manchmal sogar komischen Film zaubert, das zeugt von Fingerspitzengefühl und Lust am Detail. Auch wenn man das Ende an fünf Fingern abzählen kann.

Die junge Juliet Ashton träumt Ende der 40er Jahre von einer Karriere als Schriftstellerin, obgleich ihr erstes Buch über Anne Brontë nur 28 Mal verkauft wurde. Nach dem erfolgreichen zweiten Werk fehlt ihr der Elan, weiterzuschreiben. Erst der Brief des Farmers Dawsey Adams (Michiel Huisman) von der Insel Guernsey, Mitglied des dortigen Literaturclubs, gibt ihrem Leben eine Wende. Bald packt sie die Neugier und die Koffer, und plötzlich steht sie vor der Tür der "Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf". Deren Begeisterung, als Vorlage für ihr neues Buch zu dienen, hält sich in Grenzen.

Zwei Zeitebenen: Vergangenheit und Gegenwart

Newell erzählt auf zwei Zeitebenen: von der Vergangenheit unter deutscher Besatzung 1940 bis 1945 und von der Gegenwart mit charmantem Anbandeln abseits klassischer Lovestory-Muster.

Im Mittelpunkt steht die Kraft des geschriebenen Wortes. Der seltsame Name des Buchclubs entstand zufällig. Einige Freunde, die trotz nächtlicher Ausgangssperre mit Kartoffelschalen (Lebensmittelknappheit!) und Büchern unterwegs waren, erfanden ihn, um der Verhaftung durch die Nazis zu entgehen. Aber die Gruppe diskutiert nicht nur Literatur, sondern delektiert sich auch mal an einem verbotenen Braten. Diese Zusammenkünfte wurden Überlebensvehikel in den Jahren der Angst. Und ganz langsam schälen sich aus den Hintergrundgeschichten Schicksale heraus: wie das der Gründerin, die ihre Liebe zu einem Deutschen mit dem Tod bezahlte.

Stimmiges Ambiente und hypnotische Landschaftsaufnahmen runden die dramatische Handlung ab. Den etwas holprigen emotionalen Schluss verzeiht man da, schon wegen Lily James als Herzkammer des Films, die im Gegensatz zu "Mamma Mia!" hier alle Register ziehen darf.


Kinos: Arena, City, Leopold, Mathäser (auch OV), Museum-Lichtspiele (OV) sowie Studio Isabella (OmU) R: Mike Newell (USA, GB, 124 Min.)

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