Das dreckige Dutzend

Patriotischer, auf Tatsachen beruhender Kriegsfilm, der die Leistung eines zwölfköpfigen US-Soldatentrupps auf einer Geheimmission in Afghanistan feiert.
von  Christopher Diekhaus
Captain Mitch Nelson (Chris Hemsworth) hat sich nach den Anschlägen vom 11. September wieder der Armee angeschlossen.
Captain Mitch Nelson (Chris Hemsworth) hat sich nach den Anschlägen vom 11. September wieder der Armee angeschlossen. © 2018 Concorde Filmverleih GmbH
"Sie waren nur zwölf Mann und forderten eine ganze Armee heraus." Gut sichtbar prangt dieser markige Satz auf dem Plakat zum Kriegsdrama "Operation: 12 Strong" und bringt unverhohlen den starken Patriotismus zum Ausdruck, der das erste Großprojekt des dänischen Werbefilmers Nicolai Fuglsig durchweht. Basierend auf dem Tatsachenbericht "Horse Soldiers", erzählt die von Blockbuster-Spezialist Jerry Bruckheimer ("Pirates of the Caribbean: Salazars Rache", "Pearl Harbor") angeschobene Produktion von einer streng geheimen Offensive in Afghanistan, die kurz nach dem 11. September 2001 als erste Antwort der USA auf die verheerenden Terroranschläge
eingeleitet wurde. Ganz bewusst hat sich Captain Mitch Nelson (Chris Hemsworth) dazu entschieden, einen Schreibtischjob anzunehmen, da er so wieder mehr Zeit mit seiner Familie verbringen kann. Als jedoch die Zwillingstürme in sich zusammensacken und die Nation den Angriff auf das World Trade Center fassungslos verfolgt, steht für den Soldaten fest, dass er gerade jetzt seinem Land rückhaltlos dienen muss. Nur wenig später findet sich der kriegsunerfahrene, aber geachtete Armeeangehörige
in Afghanistan wieder. Dort erhält er den Auftrag, eine zwölfköpfige Elitetruppe (unter anderem Michael Shannon und Michael Peña) in das unwegsame Hindukusch-Gebirge zu führen und gemeinsam mit lokalen Milizen die strategisch wichtige Stadt Masar-e Scharif von Taliban- und al-Qaida-Kämpfern zu befreien. Wenn Hollywood das Wirken der Amerikaner im Mittleren Osten nach 9/11
thematisiert, darf man nur selten mit einer differenzierten Darstellung rechnen. Exemplarisch ist der Kriegsfilm "Lone Survivor" (2013), der eine fatale Mission auf afghanischem Boden schildert und dabei größeren Zusammenhängen wenig Beachtung schenkt. In eine ähnliche Kerbe schlagen auch Bruckheimer und Fuglsig, die nicht müde werden, die heldenhafte Leistung ihrer Protagonisten zu betonen und die unglaublichen Widrigkeiten der Operation zu unterstreichen. Immerhin muss die zwölfköpfige Truppe aufgrund des schwer passierbaren Terrains auf Pferde zurückgreifen. Das dadurch unweigerlich beschworene archaische Westerngefühl kontrastiert mit den ebenfalls eingesetzten modernen Mitteln der Kriegsführung. So geben die US-Soldaten
wiederholt konkrete Positionen ihrer Feinde durch, um möglichst präzise Luftschläge setzen zu können. Kritisch hinterfragt wird das militärische Vorgehen leider zu keinem Zeitpunkt. Vielmehr vermittelt der Film den Eindruck, dass die hartgesottenen Männer lediglich das tun, was notwendig ist, nachdem das Herz der Vereinigten Staaten getroffen wurde. Um das heroische Element nicht zu schmälern, vermeiden es die Macher am Ende tunlichst, darauf hinzuweisen, dass Afghanistan bis heute nicht zur Ruhe gekommen ist und nach wie vor unter den Folgen des teilweise blindwütigen Feldzuges gegen den Terror leidet. Passend zur mangelhaften Hintergrundeinordnung zeichnet das Drehbuch von Ted Tally und Peter Craig die im Zentrum stehenden Green Berets bloß mit rudimentären Strichen und degradiert die einheimischen Rebellen größtenteils zu gesichtslosen Kriegern
. Die einzige Ausnahme bildet General Dostum (Navid Negahban), dessen nicht immer spannungsfreies Verhältnis zu Captain Nelson mehrfach in den Blick gerät. Ein kleiner Nebenstrang rund um einen US-Soldaten und ein afghanisches Kind soll die Völkerverständigung illustrieren und emotionale Akzente setzen. Ernsthaftes Interesse bringt der Film jedoch nicht für den Jungen auf. Während "Operation: 12 Strong" inhaltlich zu wünschen übrig lässt, besticht das Heldenepos mit einer technisch einwandfreien Umsetzung. Fuglsig gelingt es, die Kampfsequenzen so zu inszenieren, dass man wirklich das Gefühl hat, mitten im Getümmel zu stehen. Immer wieder zischen Kugeln durch die Luft, wirbelt Staub durch die Gegend, während gewaltige Explosionen den Kinosaal erzittern lassen. In eben diesen Momenten scheint der Film ganz bei sich zu sein und bringt das Publikum zuweilen tatsächlich dazu, etwas mitzufiebern. Die handwerkliche Kompetenz macht das patriotische, weitgehend unreflektierte Getöse gerade so erträglich, kann den bitteren Beigeschmack aber nicht vertreiben.
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