Cameron bis del Toro: Hollywood-Regisseure bei KI gespalten

Schon seit einer Weile ist die Nutzung von Künstlicher Intelligenz für Filme umstritten. Einige bekannte Regisseure zeigen sich als Unterstützer, ein anderer "würde lieber sterben".
von  (wue/spot)
Unter anderem James Cameron (l.) und Guillermo del Toro positionieren sich beim Thema KI.
Unter anderem James Cameron (l.) und Guillermo del Toro positionieren sich beim Thema KI. © [M] imago/MediaPunch/Faye Sadou / imago/ZUMA Press Wire/Loredana Sangiuliano

Ist Künstliche Intelligenz (KI) ein Segen oder ein Fluch für die Filmwelt? Diese und weitere Fragen stellt man sich schon seit einer Weile in der Traumfabrik. Was ist mit den Menschen hinter den Projekten? Wie wirkt sich das alles auf die Kunst aus? Was ist mit der Seele?

Tilly Norwood ist nicht Emily Blunt

Für die unternehmerische Seite stellt sich die Frage wohl kaum, können Projekte mit KI doch grundsätzlich um ein Vielfaches günstiger umgesetzt werden. Wenn alles aus dem Computer stammt, fallen viele Kosten unter den Tisch. Das fängt schon beim Scouting von Drehorten und dem Schreiben des Drehbuchs an - und endet bei den Stars.

In den vergangenen Wochen sorgte etwa Tilly Norwood für viel Aufsehen. Als "KI-Schauspielerin" wird sie vielerorts beschrieben, sie ist aber keine Schauspielerin. Sie ist nicht einmal ein Mensch. Natürlich würde die Produktion von Spielfilmen mit Norwood einiges kosten, aber sie müsste nicht einmal entlohnt werden - und würde nicht die Millionen einer Emily Blunt (42) oder anderer Stars einstreichen. "Nein, meinst du das ernst? Das ist eine KI? Mein Gott, wir sind am Arsch", erklärte die Schauspielerin kürzlich unverhohlen im Rahmen eines Podcasts des Branchenmagazins "Variety". Es sei "wirklich, wirklich beängstigend. [...] Bitte hört auf, uns unsere menschliche Verbindung zu nehmen."

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Ende September schrieb Eline Van der Velden (39), Gründerin des Unternehmens hinter Norwood, dass ihre Tilly "kein Ersatz für ein menschliches Wesen" sei, vielmehr "ein Kunstwerk". Die US-Schauspielergewerkschaft SAG-AFTRA bezeichnete Norwood ebenfalls Ende September in einem Statement als "künstliche Darstellerin". Norwood sei "eine Figur, die von einem Computerprogramm generiert wurde, das auf der Arbeit unzähliger professioneller Darsteller trainiert wurde - ohne Erlaubnis oder Vergütung." Sie besitze weder Lebenserfahrung noch Emotionen, auf die sie sich stützen könne.

Guillermo del Toro "würde lieber sterben"

Aber was sagen die Regisseure? Wie stehen diejenigen, die ihre Visionen auf Zelluloid bannen, zur Nutzung von KI in Filmen? Einer, der weiterhin komplett auf den Menschen setzen möchte, ist Guillermo del Toro (61), der Kopf hinter fantastischen Erzählungen wie "The Shape of Water" oder "Pans Labyrinth".

Im Gespräch mit NPR machte del Toro erst kürzlich unmissverständlich klar, was er vom Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Film hält - dabei gehe es ihm Weniger um KI an sich als vielmehr um "natürliche Dummheit". Er sei insbesondere an generativer KI "nicht interessiert und werde es auch nie sein. Ich bin 61 und hoffe, dass ich uninteressiert daran bleiben kann, es überhaupt zu benutzen, bis ich den Löffel abgebe. [...] Neulich schrieb mir jemand eine E-Mail mit der Frage: 'Wie stehen Sie zu KI?' Und meine Antwort war sehr kurz. Ich sagte: 'Ich würde lieber sterben.'"

Blockbuster-Garant James Cameron (71) warnte mit dem ersten "Terminator" schon in den 1980ern äußerst anschaulich vor den Gefahren möglicher kommender Technologien. Laut "Screen Daily" ist er sich sicher, dass generative KI "die nächste große Welle an Kino-Technologie" ist. Im August bezeichnete er KI als befreiten "Flaschengeist" - eine mythische Figur, die oft in Darstellungen Wünsche erfüllen kann. Meist besitzt die Erfüllung jener jedoch eine Kehrseite, Wünsche werden nicht so wie erwartet umgesetzt oder führen gar ins Verderben.

"Wir haben noch nicht gelernt, sie zu kontrollieren", sagte Cameron. Er könne sich kein derzeit "größeres und wichtigeres" Problem vorstellen, dem man sich widmen müsse: "Es ist entscheidend, dass wir sie beherrschen und kontrollieren, damit sie ein künstlerisches Werkzeug bleibt und Künstler nicht ersetzt. Die Vorstellung, dass diese Technologie möglicherweise Schauspieler und die einzigartige Sicht, die jeder Künstler mitbringt, ersetzen könnte, ist erschreckend." KI könnte ihm zufolge "großen Schaden" anrichten. Er habe aber nie Angst vor Neuem gehabt: "Ich möchte es lernen, ich möchte es selbst meistern und dann nach bestem Ermessen darüber entscheiden, wie ich es in meiner persönlichen Kunst anwende."

KI als Werkzeug

Als ein Hilfsmittel betrachtete der für Leinwand-Spektakel wie "Independence Day" oder "The Day After Tomorrow" bekannte Roland Emmerich (69) die Künstliche Intelligenz im vergangenen Jahr. "Ich denke, es ist ein Werkzeug. Das ist es. Es macht die Arbeit als Regisseur einfacher", erklärte Emmerich "Variety" zufolge. Es sei "nicht so, als ob diese KI alles für dich erledigt. Du musst immer noch den richtigen Schauspieler auswählen, die richtigen Szenen drehen, das Richtige tun. Und dann kann dir KI dabei wirklich helfen."

"Training Day"-Macher Antoine Fuqua (60) sah es ähnlich. "Wir sind Gewohnheitstiere", sagte er. "Ich erinnere mich daran, als ich mit Videos und Werbespots angefangen habe, habe ich auf Film gedreht. Digital [zu drehen] war etwas, worüber wir alle geschrien haben. Es hat sich herausgestellt, dass es fantastisch ist." Es sei "ein weiterer Pinsel, mit dem wir unsere Arbeit erledigen können. Mit KI ist es dasselbe." Sie könne allerdings menschliche Gefühle nicht ersetzen: "Es gibt Dinge, die nur im Augenblick mit einem anderen Menschen passieren können und die kein Computer jemals erreichen kann."

Damit wählten Emmerich und Fuqua schon vor etwas mehr als einem Jahr Worte, wie sie Eline Van der Velden auch im September in ihrem verteidigenden Statement zu Tilly Norwood schrieb. KI sei "ein neues Werkzeug, ein frischer Pinsel". Sie sei selbst Schauspielerin "und nichts - auch bestimmt kein KI-Charakter - kann das Handwerk oder die Freude menschlicher Darstellung ersetzen". Aber ob dem Geschäft Hollywood diese Freude wichtig ist, steht auf einer anderen Leinwand - auf einer, für deren Bemalung es wohl keine vom Menschen geführten Pinsel braucht.

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