"Beziehungsweise New York" - Die AZ-Kritik
Das wild studentische Beziehungs-Chaos ist vorbei. Aber ist man jetzt erwachsen? Modern, witzig und entlarvend wahr ist Céderic Klapischs „Beziehungsweise New York“ – mit Starbesetzung.
New York ist für ihn als netten, kleinen mediterranen Pariser ein Großstadtschock, der Neue seiner Ex-Frau ein reicher US-Hühne, und die Kinder leben auch noch mit denen am Central Park. Romain Duris ist als Xavier seit „L’Auberge espagnole“ und „Wiedersehen in St. Petersburg“ der bewegte, moderne Mann, nur eben keine Ende zwanzig mehr.
Romantik, Lebensfragen, Midlife-Crisis
„Warum wollt ihr Männer alle euren 40. Geburtstag feiern, als ob ihr keine dreißig wärt“, fragt Cécil de France ihren Kumpel Xavier als lesbische „beste Freundin. Aber auch er kann nicht leugnen, dass seit der Auslandssemester-WG in Barcelona zwölf Jahre vergangen sind. Und so zeigt Regisseur Céderic Klapisch, wie sich die Freiheit eingeengt hat und neu erkämpft werden muss, inzwischen Kinder da sind – wenn auch nicht immer von einem selbst – und Ideologien sich abgeschliffen haben. Selbst Tautou ist nicht mehr die „Emanzen-Klemmmöse“ aus den Studententagen. Sie ist lockerer geworden: „Du siehst das Leben so kompliziert“, sagt Tautou zu Duris und hat ihre zwei Kinder beim New York-Besuch mit dabei. „Beziehungsweise New York“ ist auch deshalb so modern, weil hier das poststudentische – endlich? – Erwachsenwerden nicht in alte, konservative Zweisamkeits-Bahnen führt, sondern originell in die größtmögliche Patchwork-Situation.
Elegant, klug, witzig, intelligent
In all dem Gefühls-, Lebens- und Beziehungs-Chaos beherrscht Klapisch die Kunst, geradlinig klassisch zu erzählen, dabei aber so viele Ideen, Farben und filmische Spielchen einzubauen, dass „Beziehungsweise New York“ elegant, lebensklug, witzig und intelligent zugleich ist – und noch nebenbei ein Porträt über den Umgang mit Einwanderung und den kulturellen Unterschied zwischen Amerika und Europa. Und wenn Duris in einer Art Jugendzeit-endgültig-vorbei-40er-Melancholie nicht mehr weiter weiß, klopfen deutsche Philosophen an die Tür. So erklärt Schopenhauer dem Dauer-Hadernden Xavier das Leben als kitschiges Stick-Bild. In der ersten Hälfte sieht man die romantische Vorderseite, in der zweiten die Rückseite: Zwar ist sie mit losen Fäden, Wirrwarr und Vernähungen hässlich, aber man sieht dafür, wie es gemacht ist: Weisheit ersetzt im Laufe des Lebens die Romantik. Aber auch die rettet Klapisch amüsant in die zweite Lebenshälfte, was die Midlife-Crisis-Melancholie schnell vertreibt.
Kino: Eldorado, Studio Isabella sowie Monopol und Leopold (dt. und OmU), Theatiner (OmU) R: Céderic Klapisch (F, 117 Min.)
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