Keine Lust auf Verlierertypen

Finale Schlammschlachten: Mit den Auftritten von Metallica, Xavier Naidoo und Skandalrocker Pete Doherty endete „Rock imPark“ in Nürnberg. Das Publikum feiert mit letzter Kraft, und während sich der harte Kern noch Zugaben erjubelt, packen viele schon unter der blassen Mondsichel ihre Zelte zusammen.
von  Abendzeitung

Finale Schlammschlachten: Mit den Auftritten von Metallica, Xavier Naidoo und Skandalrocker Pete Doherty endete „Rock imPark“ in Nürnberg. Das Publikum feiert mit letzter Kraft, und während sich der harte Kern noch Zugaben erjubelt, packen viele schon unter der blassen Mondsichel ihre Zelte zusammen.

Vielleicht ist das ja die Zukunft von Musik-Festivals: Man lässt die Musik weg und die Podolskis über die Leinwände spurten. So voll und gut gelaunt zeigte sich die Nürnberger Eis- Arena, als die Sommermärchenbuben loslegten. Die Eis- Arena – sie wurde während des 12. „Rock im Park“-Festivals auf den Kuschelnamen „Club-Stage“ getauft – hatte so eine Stimmung zuvor nicht gesehen. Live-Gesänge wie beim Live-Erlebnis.

Das wartete auch draußen auf dem Zeppelinfeld, wo Metallica am Ende der Unwetter zur finalen Schlammschlacht lud. Lücken in die Massenbewegung vor der Giganten- Bühne schlugen die zeitgleich siegenden Fußballer nicht. Aber Metallica-Schlagzeuger Lars Ulrich sicherte die Bedeutung dieses Abends am Ende des zweistündigen wie hingemeißelten Auftritts doch auch mit dem Hinweis auf Klagenfurt ab:Wer will schon Verlierertypen! Zu denen gehörte eher Xavier Naidoo, der mit seinen Söhnen Mannheims im abgesoffenen Gelände der „Alterna- Stage“ viel Platz hatte, sich an den Händen zu fassen.

Kult, oder doch uninspiriertes Geschrammel?

Dieser Weg wird kein leichter sein, ahnte man auch bei Pete Doherty. Der britische Skandalrocker trat gegen seinen Ruf an, live entweder gar nicht oder sehr schlecht zu spielen. Was er in Nürnberg ablieferte, scheidet die Geister: Die einen nennen es Kult, die anderen uninspiriertes Geschrammel. Aber immerhin spielte er – und das für Doherty- Verhältnisse erstaunlich pünktlich. Vielleicht hätte er es aber besser gelassen. Ein geschickt inszenierter Junkie- Ruf verkauft mehr Platten als solch seelenlose Auftritte. „Live“ ist dagegen die Spezialität der Firma Metallica.

Auf Riesenbildschirmen überlebensgroß vervielfacht wirken Hetfields mephistophelisches Jack-Nickolson-Grinsen wie Lars Ulrichs Ganzkörperverausgabungen am Schlagzeug ikonenhaft. Bei geschlossenen Augen, mit ausladenden Gesten und teils ausufernden Soli zelebrieren sie ihre eingespielte Virtuosität. Das eigentliche Live-Erlebnis dreht sich aber weniger um die Musik; viel wichtiger ist das Einverständnis zwischen den Metall-Urgesteinen und ihren Fans. Wenn sich zig tausende Arme rhythmisch recken, tausende Münder in einen (nach drei Tagen schon heiser) gebrüllten Dialog einstimmen, hat das – angesichts des historischen Umfelds – auch erschreckende Wucht. Wie auf Kommando flackern beim Hartspüler-Welthit „Nothing Else Matters“ die Feuerzeuge auf, das Monumentalfeuerwerk macht die Bühne abwechselnd zum Schlachtfeld und zur Stage of Fame. Das Publikum feiert mit letzter Kraft, und während sich der harte Kern noch Zugaben erjubelt, packen viele schon unter der blassen Mondsichel ihre Zelte zusammen.

mm/GK/daer

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