Jenseits von Americana
Ihr Plattenvertrag läuft aus – aber für Wilco gibt es natürlich eine Zukunft. Am Freitag kommt die US-amerikanische Independent-Band aus Chicago in den Circus Krone
Genrebezeichnungen wie „Americana“ sind für Nels Cline eher Gewohnheit als Wahrheit. Ihr letztes Album hat die Band „Wilco (The Album)“ betitelt, als sei damit alles klar. Entstanden 1994 aus den Resten von Uncle Tupelo, haben Wilco ihre Ursprünge in einer Rock-Szene, die Country und Folk wieder für sich nutzbar machte. „Momentan würde ich über die letzte Platte sagen: Es ist ein Rock’n’Roll-Album“, findet Gitarrist Cline und bestätigt die Vermutung, dass diese Band aus Chicago ihre Songs über mehrere Stadien und Phasen der Studioarbeit wachsen lässt.
„Musik weiß nichts von Politik“, kontert Cline die Frage nach dem konservativen Potenzial des Country. Auch wenn Wilco sich für Obama starkmachten, will er nicht so einfach akzeptieren, dass Künstler eine politische Verantwortung haben: „In den 60ern, 70ern und 80ern war das sehr weit verbreitet. Aber die einzige Verantwortung, die ein Künstler hat, ist die, sich selbst auszudrücken.“ Manchmal aber können Ausdruck und politische Haltung durchaus zusammenfallen: „Woody Guthrie ist die Seele und das Gewissen der amerikanischen Musik.“
Demokratie nach Gutsherrnart
„Mit 54 bin ich älter als jeder andere in Wilco“, sagt Cline. 2003 spielten Nels Cline und Carla Bozulich noch als Vorgruppe für Wilco. Und er überzeugte die Band so, dass sie ihm die Mitgliedschaft anbot. Anscheinend aber ist Wilco keine Gruppe, die jedem Mitglied dasselbe Mitspracherecht einräumt. Der Vertrag mit Nonesuch läuft demnächst aus, Momentan macht die Gruppe schon die ersten Aufnahmen für das nächste Album, im Oktober soll die entscheidende Studiophase beginnen. Wo das Album erscheinen soll, oder ob ein eigenes Label gegründet wird, kann Cline nicht sagen: „Meistens treffen Jeff Tweedy und unser Manager Tony Margherita die Entscheidungen und haben die Visionen. Die haben viele gute Ideen und ich lasse sie einfach machen.“
Für Wilco wäre es nicht der erste Labelwechsel. Reprise Records, ein Unterlabel von Warner Music, hatte kurz nach der Jahrtausendwende die Veröffentlichung ihres Albums „Yankee Hotel Foxtrott“ abgelehnt. Die Band veröffentlichte daraufhin das Album im Internet und ging auf Tour. Nonesuch schlug endlich zu und brachte das Album heraus, das es bis auf Platz 12 der amerikanischen Albumcharts schaffen sollte. „Yankee Hotel Foxtrott“ war auch die erste Wilco-Platte, über die Cline Kontakt zu dieser Musik bekam, die später seine Bandheimat werden sollte: „Als ich ,Reservations’ hörte, entschied ich, dass Jeff Tweedy wohl so eine Art Genie ist.“
Christian Jooß
Wilco spielen am 24. September ab 20.30 Uhr im Circus Krone, Karten unter Tel.54818181
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