Jazzer Martin Grubinger: „Cirque du Soleil" für Trommelartisten
Vier Stunden schuftet der österreichische Percussionist Martin Grubinger mit den Seinen auf der Philharmonie-Bühne. Schon die Ausführung der Musik ist Schwerstarbeit. Doch jedes Stück des Abends verlangt einen anderen Bühnenaufbau.
Niemand ist sich zu schade mit anzupacken. Selbst in den zwei Pausen werden Marimbas von den Musikern umher geschoben, überdimensionierte Pauken versetzt und neue Klangerzeuger heran geschafft. „Percussion Planet feiert die Rhythmen der Welt" heißt es im Beipackzettel zum Programm. Der Trip um den Globus ist eine aufwändige Mogelpackung. Die drei Segmente des Konzerts sind nach Regionen des Erdballs unterteilt. Doch weiß selbst der kundigste Zuhörer oft nicht, wo wir uns eigentlich gerade befinden. Letztendlich orientierte sich Grubinger an den Herkunftsländern verschiedener zeitgenössischer Komponisten. Doch in deren Klangsprache sind etwaige archaische Trommel- und Rhythmuskulturen oft durch so viele Filter passiert worden, dass wenig auf typische Erkennungsmerkmale bestimmter Traditionen verweist.
Und wenn es dann etwas konkreter wird und man, etwa beim Thema Afrika, einer Ahnung von Authentizität auf der Spur ist, wirkt das Geschehen schon mal wie ein VHS-Kurs für Hochbegabte. Doch diese Einwände ändern nichts daran, dass man furios unterhalten wird, sich einem Klangfarbenrausch hingeben, Nuancen bestaunen und dem Bildersturm eines imaginären Monumentalfilms verfallen kann.
Vom dramaturgisch ungeschickten Beginn des Konzerts abgesehen hielt Grubinger mit dreißig im fliegenden Wechsel erprobten Virtuosen (Blech, Streicher, Percussion, E-Bass) sein Publikum im Bann. Man rieb sich die Augen und Ohren, was der Mann für ein Schlagrepertoire drauf hat, welche Feinheiten, Techniken und Tricks er an der Marimba und diversen Trommeln beherrscht. Da wähnt man sich in einer Art „Cirque du Soleil" für Trommelartisten.
Ssirus W. Pakzad