Interview mit Rainhard Fendrich: Die Zeit ist kostbar

Er wird noch einmal Vater und wundert sich über Partyluder – jetzt hat Rainhard Fendrich ein neues Album veröffentlicht
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Er wird noch einmal Vater und wundert sich über Partyluder – jetzt hat Rainhard Fendrich ein neues Album veröffentlicht

"Servus“ – sagt er, und strahlt. Wahnsinn, so hat man sich also als „Herzblatt“-Kandidat gefühlt. Rainhard Fendrich sitzt vor einer Kaffeetasse bei seiner Plattenfirma Ariola. Eben erschienen ist sein Album „Meine Zeit“.

AZ: Glückwunsch, Herr Fendrich, Sie werden nochmal Vater. Wann ist es denn soweit?

RAINHARD FENDRICH: Das wollen wir nicht sagen. Es ist unerwartet, aber wir freuen uns sehr. Es kommt gerade in eine Zeit, wo wir sehr viel zu tun haben, aber es ist alles wunderbar. Wir haben vor, unser Privatleben jetzt sehr zu schützen. Meine Lebenspartnerin Ina spielt Theater in Wien, im Musical „Ich war noch niemals in New York“. Die musste das ihrem Theater sagen, weil sie nicht mehr bis zum Ende der Spielzeit spielt.

„Meine Zeit“ heißt Ihr neues Album. Ist jetzt die beste Fendrich-Zeit?

Ich hoffe. Es ist vielleicht so, dass man nach einer bestimmten Lebenskurve draufkommt, dass der Kulminationspunkt überschritten ist, aber es noch lange nicht vorbei ist. Man erkennt, wie kostbar die Zeit ist, und was man alles damit anfangen kann.

Ist das auch erleichternd?

Man hat nicht mehr so den Druck. Das hat auch mit Musik etwas zu tun. Ich habe mir manchmal zu sehr aufoktroyieren lassen, was gerade gefragt sein soll. Ich bin kantiger geworden, zu meiner Liedermacherei zurückgekehrt und passe eben jetzt nicht mehr in Radioformate, habe auf der anderen Seite eine sehr zahlreiche Klientel an Konzertbesuchern.

Der Markt hat sich auch stark verändert.

Gottseidank habe ich eine Live-Tradition. Arm sind die, die durch Castingshows mit einer Rakete auf einem Achttausender stehen. Und merken, da oben kriegt man keine Luft, weil sie nicht raufgegangen sind.

Ist das verantwortungslos?

Durchwegs sind das alles erwachsene Menschen. Es ist natürlich so, dass man hier Erfüllungsgehilfe einer Fernsehidee ist. Ich maße mir nicht an, zu sagen, das ist verantwortungslos. Es passieren so viele verantwortungslose Dinge.

Ich bin jetzt selber in Österreich bei einer neuen Castingshow dabei – „Helden von morgen“ – wo die Teilnehmer in ihrem Metier bleiben dürfen. Hier ist einer Rocksänger und singt nur Rocknummern. Und sie werden von etablierten Künstlern gecoacht. Ich bin für die Singer/Songwriter zuständig. Im Dezember wird das ausgestrahlt.

Sie haben einen Song über das „Partyluder“.

Es gibt viele Momente, wo ich total irritiert bin. Beim Partyluder insofern, als man jetzt darauf bedacht ist, die Frau dem Mann gleichzustellen. Und dann kommt ein Begriff wie Partyluder. Im Duden steht, Luder ist die Lockspeise des Jägers. Das ist eigentlich ein ganz verlottertes Wort.

Hat die Emanzipation nicht abgewirtschaftet?

Ich glaube nicht, dass die Menschen dümmer werden. Der Mensch hat die Veranlagung, Dinge zu verdrängen, die er nicht mehr hören kann. Die Menschen sind nicht dümmer als früher, sie haben nur nie etwas dazugelernt.

Sie singen auch ein Lied über die „Bussi-Gesellschaft“. Da ist es nicht weit bis zur Schickeria der 80er.

Ich habe auch mal eine „Schickeria“ geschrieben, da war ich noch selber drinnen. Ganz toll. Mit Falco. Wir haben es krachen lassen. Die Bussi-Bussi-Gesellschaft ist aber etwas ganz Gefährliches. Sie ist durch und durch verlogen. Ich war auf einer Benefizveranstaltung eines Gourmettempels in Wien, für Haiti. Es wurden fast 100000 Euro gespendet. Ich habe da gespielt, ging zum Veranstalter und sagte: Ich finde das toll, dass ihr das macht. Er sagte: „Während die Kameras da waren, war volle zehn Minuten unser Firmenlogo im Bild. Weißt du, was eine Werbeminute in der Prime-Time kostet? Das rechnet sich locker.“ Obwohl etwas reinkommt, ist der Gedanke reiner Selbstzweck.

Christian Jooß

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