Instrumente im Ring

Beim Musikwettbewerb der ARD bewertet nicht nur eine Fachjury. Auch das Publikum vergibt einen Preis und kann in allen Runden mit dabei sein
von  Abendzeitung

Beim Musikwettbewerb der ARD bewertet nicht nur eine Fachjury. Auch das Publikum vergibt einen Preis und kann in allen Runden mit dabei sein

Im Jahr 1952 fand der Internationale Musikwettbewerb der ARD zum ersten Mal statt. Für viele weltberühmte Künstler war er das entscheidende Sprungbrett für ihre Karriere. Seit fünf Jahren leitet Axel Linstädt den vom Bayerischen Rundfunk ausgerichteten Wettstreit.

AZ: Herr Linstädt, trifft die Vermutung zu, dass junge Asiaten wieder den Wettbewerb dominieren?

AXEL LINSTÄDT: Voriges Jahr waren unter den Sängern jede Menge Koreaner. Heuer haben sich 425 junge Musiker beworben. Davon haben wir 216 zugelassen. 85 Prozent der Teilnehmer kommen aus dem Ausland. Neben 33 Deutschen streiten 20 Südkoreaner, 17 Franzosen und 14 Russen. Wir haben etliche Italiener, Ungarn, Österreicher, Polen und Amerikaner dabei. Die Zahlen sprechen eigentlich gegen Ihren Eindruck.

Wie verläuft der Weg in die Endrunde?

Alle Teilnehmer müssen eine CD mit Pflichtstücken einschicken. Eine Vorjury trennt die Spreu vom Weizen, Zweifelsfälle sollten aber immer eine Chance in der ersten Runde haben. Danach wird’s eng: Ins Semifinale kommen sechs Musiker. Im Finale sind es vier.

Erste Preise sind traditionell selten.

Dafür können zweite und dritte Preise zweifach vergeben werden. Das wird dann teuer für uns, weil es keine halbierten, sondern verdoppelte Preise sind.

Was muss ein junger Musiker für den Erfolg mitbringen?

Konzertreife wird selbstverständlich vorausgesetzt, denn wir sind kein Hochschul-Wettbewerb. Entscheidend ist die künstlerische Persönlichkeit, die nach bestem Wissen und Gewissen bewertet wird. Ein subjektives Moment ist dabei nicht ausgeschlossen. Niemand kann sich von seinen Prägungen frei machen. Aber wir achten darauf, dass innerhalb der Jurys eine Vielfalt der Interpretationsstile und -schulen vertreten ist.

Wie wertet die Jury? Gibt es da Noten wie in der Schule?

In den ersten Runden gibt es ein Zahlensystem von eins bis neun, ab dem Halbfinale dann ein Ranking: Es muss eine Rangfolge aufgestellt werden, wie auch in der Schlussrunde. Selbstverständlich wird auch diskutiert: Ich ermuntere dazu, sich nicht hinter Zahlen zu verschanzen, sondern Entscheidungen auch zu begründen.

Werden Ausgeschiedene betreut?

Jede Jury bestimmt zwei Mitglieder, die sich für Gespräche bereithalten. Wer nicht weiter kommt, soll die Gründe dafür wissen, damit er an sich arbeiten kann.

Heuer sind Flöte, Violoncello, Horn und Klavierduo dran. Wie kommt es zu dieser Zusammenstellung?

Das ist eine Mischung aus Systematik und Zufall. Fächer von großem Interesse wie Gesang, Klavier und Violine kommen alle drei Jahre zum Zug, andere in einem differenzierten Turnus. Horn war zuletzt 2005 dabei, also ist es wieder fällig. Wir achten darauf, uns zeitlich nicht mit Spezialwettbewerben zu überschneiden.

Warum gibt es eine Runde, in der die Kandidaten mit dem Münchener Kammerorchester ohne Dirigenten zusammenarbeiten?

Wenn ich keinen Dirigenten habe, kommt es auf mich selber an. Der Solist muss sich mit dem Konzertmeister des Orchesters verständigen und die Vorstellung seiner Interpretation artikulieren. Das bürdet jedem Solisten größere Verantwortung auf, die sehr befruchtend sein kann.

Warum sind alle Runden öffentlich?

Erstens wegen der Transparenz, zweitens ist es für alle Beteiligten unglaublich stimulierend, gerade auch wenn das Publikum mit einer Jury-Entscheidung mal nicht einverstanden ist. Allerdings stimmt der Publikumspreis überraschend oft mit der Entscheidung der Profis überein. Das Münchner Publikum ist eben sehr fachkundig, ob bei Gesang, Klavier oder Geige.

Was ist heuer neu?

Unsere U21-Redaktion, die Klassik für junge Leute aufbereitet, vergibt einen Sonderpreis, der vom Dr. Marianne Kunkel-Fonds gestiftet wurde. Auch die Freunde Junger Musiker München vergeben einen Sonderpreis. Preisträger werden zu Auftritten beim Klavierfestival Ruhr und ins Leipziger Gewandhaus eingeladen.

Der Wettbewerb wirkte zuletzt durch Sparzwänge gefährdet. Ist das vom Tisch?

Nicht ganz. Der Wettbewerb gehört zu den gemeinschaftlichen Einrichtungen der ARD. Sie stehen im Herbst wieder auf dem Prüfstand. Sicher müssen wir unsere Ausgaben erneut begründen. 2006 wurde der Etat bereits von 1,05 Millionen auf 730 Tausend Euro heruntergestuft. Weiter kann man nicht heruntergehen. Luxuriöse Empfänge gehören der Vergangenheit an. Und während der ersten Runde zahlen die Teilnehmer ihr Hotel in München selbst.

Robert Braunmüller

Mitfiebern erwünscht

Alle Runden des ARD-Musikwettbewerbs sind öffentlich, die ersten beiden Runden sogar kostenlos. Oft fiebern Begeisterte bis zuletzt mit, wenn die Besten im Finale um die Platzierung kämpfen. In der Endrunde können die Zuhörer ihren persönlichen Favoriten mit der Stimme für den Publikumspreis küren. Der Wettbewerb beginnt am Sonntag und Montag mit der ersten Runde der Klavierduos, jeweils 11 und 16 Uhr im Konzertsaal der Musikhochschule an der Arcisstraße. Der erste Durchgang der Cellisten beginnt am 23. 8. um 10 und 15.30 Uhr im Studio 1 des BR am Rundfunkplatz. Die Hornisten folgen am 26. 8. dort in Studio 2. Mehr Infos unter www.br-online.de weitere Termine in den nächsten Tagen auf unserer „Hingehen!“-Seite.

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