Ins Eingemachte

Der Cellist Truls Mørk bei den Münchner Philharmonikern unter Eivind Gullberg Jensen
von  Christa Sigg

Besser kann man sich nicht zurück nehmen. Mit all diesen effektvollen Solisteneitelkeiten. In der starken Konzentration aufs Innere hätte Truls Mørk ja auch den großen larmoyanten Ton suchen können, mit dem sich oft die versiertesten Musiker durch Dmitri Schostakowitschs zweites Cellokonzert schluchzen. Wer’s aber wirklich ernst nimmt, verzichtet auf jeglichen Virtuosenschnickschnack. Und Mørk gelingt ja gerade mit seinem völlig unprätentiösen, unaufgeregten Spiel Grandioses. Damit trifft er das Resignative des späten Schostakowitsch, der zermürbt ist vom lebenslangen Eiertanz zwischen zynischem Systemjubel und hymnisch auffahrendem Spott.

Verzweiflung tut sich auf im fahlen Witz der Glissando-Sprünge des Mittelsatzes, die düsteren Pointen treffen ins Mark. Nur hätte man sich bei den Münchner Philharmonikern zwischendurch etwas von der Präzision der Mariinsky-Truppe gewünscht, die den russischen Meister erst vor ein paar Wochen an selber Stelle des Gasteigs in den Olymp katapultierte. Der Dialog geriet jedenfalls etwas fade, das Orchester – stellvertretend für den Apparat – hätte mehr auf die Tube drücken dürfen. Aber da meinte es Dirigent Eivind Gullberg Jensen womöglich zu gut mit seinem norwegischen Landsmann am Cello.

Überhaupt lag das Interesse der Philis hörbar auf Tschaikowskys „Pathétique”, in der Jensen fast die Handbremse ziehen musste. Fabelhaft gerieten denn auch die Steigerungen hin zum Seelendesaster, eindringlich im Schlusssatz der Absturz in die matte Verzweiflung, durchbrochen von herzzerreißenden Hornsynkopen. Schade nur, dass auf die 5/4-Takt-Walzerverzerrung im zweiten Satz etwas zu viel Sirup geraten war.

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