Im Club mit den Beatles
Der Münchner Jazzer und musikalische Salonlöwe Roberto Di Gioia hat mit seinem Projekt Marsmobil ein elegantes und eingängiges Popalbum produziert, das er nun auch live vorstellt
Der Geist der Beatles ist umgezogen. Er wohnt jetzt in einem 16 Quadratmeter großen Studio in München Allach. Hier spielt und komponiert Roberto Di Gioia, Schlagzeug, Bass, Keyboard und Gitarren in Griffweite. Und obwohl der Jazzer aus Klaus Doldingers Passport Band seit Jahren keinen Beatles-Song mehr gehört hat, haben die Liverpooler deutlich hörbar ihr Erbe auf Di Gioias neuem Album „The Other Side“ hinterlassen.
Schließlich waren sie es, die den Sechsjährigen beim Radiohören in der Pfaffenhofener Küche erstmals emotional aufrüttelten. „Ich wusste damals sofort, dass dies meine Musik ist“, sagt Di Gioia. Auf dem neuen Album seines Projekts Marsmobil hat er die Beatles quasi modernisiert und clubtauglich gemacht.
Di Gioias große Liebe zum Sound der 70er Jahre schlägt ebenso durch wie sein Talent für eingängige Melodien. Der Jazzer tobt sich eher in den komplexeren Hintergrundstrukturen aus. Dass Marsmobil quasi nur einen musikalischen Fahrer hat, ist keineswegs Selbstüberschätzung: „Ich spiele am liebsten die Instrumente, die ich nicht so gut beherrsche, Schlagzeug oder Bass“, sagt Di Gioia. Die Solobasteleien haben einen pragmatischen Grund: Die Studioarbeit beginnt für den gebürtigen Mailänder zu einer Zeit, zu der – dem Klischee nach – Musiker erst den Probenraum oder die Kneipe verlassen. „Meine Frau ist Ärztin und muss sehr früh raus nach Großhadern. Ich stehe gleich mit auf und gehe ins Studio.“
Ein Frühaufsteher
Den jungen Tag auszunutzen, ist sein Ritus. Noch „vor dem ersten Cappuccino“ werkelt der Musiker an neuen Ideen – ungestört von Autolärm und Telefongeklingel. So diszipliniert er stundenlang seine Musik umsetzt, so rigoros geht er nach dem Mittagessen mit seiner Arbeit um. Er hört sich seine Soundideen an, und wenn er meint, sie hätten keinen Bestand, vernichtet er sie sofort. Di Gioia schielt nicht auf Radiotauglichkeit oder Massengeschmack, sondern folgt konsequent dem eigenen Anspruch: „Ich bin jetzt 45 Jahre alt und bekomme graue Haare. Ich kümmere mich nicht mehr um Moden. Jetzt beginnt der schöne Teil des Lebens.“
Dennoch besitzen etliche der 16 Songs absoluten Hitcharakter. „Ordinary Boy“ etwa schaffte es in Clubs und Berliner Radiosendern in die „Heavy Rotation“. „Ich sehe das Album als Visitenkarte für meinen Sound“, sagt Di Gioia. Und der hat viele Fans, nicht nur in Deutschland. Roberto Di Gioia arbeitet unter anderem mit Max Herre zusammen, Stücke von Marsmobil landeten auch schon in US-Kult-Serien wie „Californication“ und „CSI“. Auch ein Verdienst von Michael Reinboths Compost-Label, das den modernen Münchner Club-Sound in alle Welt trägt.
Volker Isfort
Di Gioia stellt am 12. Mai, 21 Uhr, mit Ferdinand Kirner, Christian Diener, Matteo Scrimali das neue Marsmobil-Album unplugged in der Unterfahrt (Einsteinstraße 42) vor
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