„Ich musste nur fühlen“

Felicitas Woll spielt in „Kinder des Sturms" eine suchende Mutter
von  Abendzeitung

Felicitas Woll spielt in „Kinder des Sturms" eine suchende Mutter

Die Schauspielerin Felicitas Woll gehört zu den höchstdekorierten TV-Jungstars (Emmy, Fernsehpreis, Adolf-Grimme-Preis). Obwohl sie mit 29 Jahren noch locker als Nachwuchshoffnung durchgehen würde, mischt sie schon seit zwölf Jahren das deutsche Fernsehgeschäft auf. Im Alter von 17 Jahren entdeckt, spielte sie zunächst in der TV-Serie „Die Camper" und anderen leichtgewichtigen Formaten. Als „Lolle" in der Vorabendserie „Berlin, Berlin" gewann sie zahlreiche Preise. 2004 brachte ihr der Publikumsmagnet „Dresden" (zwölf Millionen Zuschauer) ihre erste Hauptrolle in einem Drama. Mit „Kinder des Sturms" taucht der Jungstar nun ein weiteres Mal ins Deutschland der 40er Jahre ab.

AZ: Frau Woll, Sie leben nach wie vor in der nordhessischen Provinz?

FELICITAS WOLL: Ich bin einfach nie richtig von zu Hause weggegangen, auch wenn ich zum Arbeiten natürlich sehr oft in Berlin und an anderen Orten bin. Mittlerweile liegen die Vorteile meines Wohnortes für mich auf der Hand. Ich habe ein Kind, dazu ein Haus – das ist jetzt mein kleines Reich. Meine Eltern wohnen nur wenige Minuten entfernt, das ist wunderbar. Ich bin einfach nicht der Typ für die Großstadt, das habe ich mittlerweile gemerkt.

Reagieren die Kollegen da nicht mit Unverständnis?

Im Gegenteil. Ich glaube vor allem in meiner Generation einen klaren Trend auszumachen, dass die Leute wieder mehr Kinder wollen und große Lust aufs Landleben haben.

Sie haben sich, ebenfalls im Gegensatz zum Trend, sehr früh dazu entschieden, Mutter zu werden.

Ich wusste immer, dass ich mit Mitte 20 gerne ein Kind haben wollte. Als ich eingeschult wurde, war meine Mutter 26. Alle Mütter waren so jung. Mittlerweile sind alle wesentlich älter, aber diese Entscheidung muss jeder für sich treffen. Ich finde Mitte 20 ein super Alter, um ein Kind zu bekommen. Ich habe schon ein bisschen was erlebt und vermisse nichts. Ich habe natürlich einen privilegierten Beruf, wo man beides gut vereinbaren kann.

Über den Vater Ihres Kindes reden Sie nicht, heißt es?

Das hört sich immer so komisch an. Dabei ist es einfach Teil meines Privatlebens. Ich bin alleinerziehende Mutter.

Auch in „Kinder des Sturms" geht es um unvollständige Familienkonstellationen. Was hat Sie bei der Beschäftigung mit der deutschen Nachkriegszeit am meisten überrascht?

Die Auseinandersetzung fing ja bereits mit „Dresden" an. Flucht, Trennung und die Suche nach verlorenen Angehörigen, das gab es auch in unserer Familie. Trotzdem war das bei „Dresden" alles neu für mich, vielleicht habe ich früher nicht richtig zuhören wollen, wenn diese Geschichte erzählt wurde. Für „Kinder des Sturms“ habe ich im Internet Berichte von Kindern durchgelesen, die ihre Eltern verloren. Letzten Endes spiele ich jedoch eine Frau, die ihr Kind verliert. Was soll ich da groß recherchieren? Ich muss einfach nur fühlen.

Auch Ihre Familie hat sich im Krieg verloren?

Meine Urgroßeltern flohen aus Berlin nach Dresden, weil es hieß, dort wäre man sicher. Als sie dann dort waren, kam die Bombennacht, und mein Urgroßvater sagte meiner Urgroßmutter und den Töchtern, dass sie gehen sollten. Die Frauen rannten dann in diesem Inferno hinter brennenden Pferden aus der Stadt raus und landeten in Hessen. Nur durch Zufall lief mein Urgroßvater später in die gleiche Richtung. Und durch einen noch größeren Zufall fand er sie dann in Hessen wieder – über einen Arzt, der beide versprengte Teile der Familie behandelt hatte und sich an ihren Namen erinnern konnte.

Im Zeitalter von Internet kann man es sich nicht mehr vorstellen, dass man einen verlorenen Menschen einfach nicht mehr wiederfindet.

Deutschland war damals in vier Zonen aufgeteilt, und zwischen denen gab es kaum Austausch. Dass sich Millionen von Menschen in einem Land wie Deutschland suchen, ist heute in der Tat unvorstellbar. Mittlerweile sind wir so verwöhnt. Es geht alles so einfach und schnell. Über Computer und Satellit kann man dazu alles und jeden orten. Heute ist es fast unmöglich, nicht gefunden zu werden. Das Problem von damals hat sich ins Gegenteil verkehrt. Die Kommunikation untereinander ist eher zu viel geworden.

Eric Leimann

„Kinder des Sturms" (Mi. 25.03., 20.15 Uhr, ARD)

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