„Ich mache das, was ich liebe“

Die Schauspielerin Meryl Streep zu ihrer 15. Oscar-Nominierungund ihrer Nonnen-Rolle in „Glaubensfrage“.
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Die Schauspielerin Meryl Streep zu ihrer 15. Oscar-Nominierungund ihrer Nonnen-Rolle in „Glaubensfrage“.

Wieder einmal ist Meryl Streep als strenggläubige Klosterschwester in John Patrick Shanleys „Glaubensfrage“ (ab Donnerstag in unseren Kinos) für einen Oscar nominiert. Zwei Mal durfte Streep die begehrteste Film-Trophäe bereits nach Hause tragen (1980 für „Kramer gegen Kramer“, 1983 für „Sophies Entscheidung“), doch mit ihrer nunmehr 15. Nominierung ist sie zur absoluten Spitzenreiterin geworden. Das hat vor ihr noch niemand geschafft! Wir trafen die liebenswerte Schauspielerin, die keinerlei Diven-Allüren hat, in Paris.

AZ: Frau Streep, Amy Adams, Ihre Filmpartnerin in „Glaubensfrage“, hatte vor dem ersten Drehtag mit der großen Meryl Streep viel Angst.

MERYL STREEP: Als ich noch eine junge Theater-Schauspielerin war, hieß der beste Kumpel meines damaligen Freundes Al Pacino. Er kam oft zum Essen zu uns, und ich war jedes Mal nervös, weil Al schon damals ein Star war, den ich sehr bewunderte. Also kenne ich das Gefühl. Man ist eingeschüchtert, wenn jemand so berühmt ist, aber wenn man dann zusammenarbeitet, spielt das keine Rolle mehr. Ich denke, Amy ist es mit mir genauso ergangen.

Schwester Aloysius mussten Sie ganz ohne Make-up spielen. Hat Sie das Überwindung gekostet?

Ganz und gar nicht! Es hat mir sogar Spaß gemacht, hatte auch etwas Befreiendes. Eine Frau zu spielen, die sich überhaupt keine Gedanken über ihr Aussehen machen muss, war wunderbar. Sie stellt das dar, was sie ist und hat gar nicht vor, sich zu verstellen.

Aber Aloysius wirkt oft so hart und herzlos, dass man richtig Angst vor ihr bekommt. Ging es Ihnen ähnlich?

Generell machen mir meine Filmfiguren keine Angst. Die einzige Ausnahme war, als ich in „Engel in Amerika“ einen Mann darstellen musste. Da war ich sehr besorgt, ob man mir das abnehmen würde. Aber ich nahm mir meinen Vater als Vorbild und hatte das Gefühl, das funktioniert. Wenn ich real existierende Personen spiele, fühle ich weitaus mehr Verantwortung als bei fiktiven Rollen, die ich mitgestalten kann.

Wie haben Sie die Figur von Schwester Aloysius mitbeeinflusst?

Trotz ihrer offensichtlichen Strenge hat sie meines Erachtens auch ein großes Maß an Humor. Natürlich weiß sie, wie sie auf andere wirkt, und sie sagt ja auch, andere haben Furcht vor ihr, aber nur so funktioniert es für sie. Manche sehen nur das, aber schon beim Lesen des Drehbuchs musste ich oft über sie lachen.

„Glaubensfrage“ spielt Anfang der 1960er. Wie streng haben Sie diese Zeit als Kind noch in Erinnerung?

1964 war ich 13 und in der 8. Klasse. An meiner Schule gab es sehr interessante Lehrerinnen, äußerst intelligent. Damals gab es nur wenige Berufssparten für Frauen. Wenn sie nicht ins Lehramt gehen konnten, wurden sie Krankenschwester oder Friseurin. Weder in der Wirtschaft noch im Journalismus waren Frauen tätig. Ich erinnere mich noch an die erste Nachrichtensprecherin im Fernsehen, weswegen ein Mann, der auch noch die Nachrichten sprach, seinen Job kündigte. Für ihn schien es unmöglich, mit einer Frau zusammenzuarbeiten. Das habe ich mir am stärksten von damals eingeprägt.

Wie religiös muss man selbst sein, um eine katholische Schwester zu spielen?

Einer Kirche gehöre ich nicht an, aber ich bin sehr an Religion interessiert, habe sogar einige Semester am College studiert. Mich interessieren dabei Fragen nach unserer Existenz. Warum sind wir hier auf Erden? Was wird von mir erwartet? Was erwarte ich vom Leben? Genau diese religiöse Auseinandersetzung mit solchen Fragen gab den Ausschlag, die Rolle in dem Film anzunehmen.

Hoffen Sie, dass er genauso erfolgreich werden wird wie Ihr letzter Film, „Mamma Mia!“?

Keine Ahnung, aber ich hatte den größten Spaß, in einem Musical mitzumachen und meine Songs zu singen. Das Erstaunliche ist, dass meine größten Fans bisher ältere Damen gewesen sind, aber seit „Mamma Mia!“ werde ich von 13-Jährigen angesprochen, die mich toll fanden. Das gefällt mir. Ich habe dafür nicht die besten Kritiken bekommen, aber ich mache nun mal das, was ich liebe. Nur darauf kommt es mir an.

Nun können Sie auf einen weiteren Oscar hoffen. Hat das nach 15 Nominierungen und zwei Oscars noch eine Bedeutung für Sie?

Man kann es auch anders sehen: Ich habe so oft verloren wie keine zweite Schauspielerin bisher. Mit Humor gesehen, bin ich die größte Verliererin, aber das ist okay. Ich habe ja auch zwei gewonnen, auch wenn das schon 25 Jahre her ist. Katherine Hepburn hat vier Oscars bekommen, die meisten aber im hohen Alter. Also kann ich weiterhin in Hoffnung schwelgen.

Am 22. Juni feiern Sie den 60. Geburtstag. Welches wäre das schönste Geschenk für Sie?

Mehr Zeit für meine Lieben und mich! Aber das ist das Einzige, was dir niemand geben kann.

Markus Tschiedert

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