Horst Eckert im Porträt: 85 Jahre Janosch

Seine Tigerente kennt jeder – Horst Eckert zählt zu den großen deutschen Kinderbuch-Autoren. Dabei wächst er selbst in schwierigen Verhältnissen auf. Ein Porträt zu seinem heutigen Geburtstag.
von  Cordula Dieckmann
Als würden Bär und Tiger ihm die Hand auf die Schulter legen: Janosch, bürgerlich Horst Eckert, vor seinen Figuren.
Als würden Bär und Tiger ihm die Hand auf die Schulter legen: Janosch, bürgerlich Horst Eckert, vor seinen Figuren. © dpa

München - Tiger und Bär suchen das Land ihrer Träume. Als sie eine köstlich duftende Bananenkiste finden, steht ihr Sehnsuchtsziel fest: Panama. Fröhlich brechen die Freunde auf, nur um am Ende zu merken, dass das Glück stets da war, in ihrem Häuschen am Fluss. „Jeder lebte schon immer im Paradies, hat es nur nicht gewusst“, kommentierte der Schriftsteller und Maler Janosch einmal sein berühmtestes Kinderbuch „Oh wie schön ist Panama“ (1979).

Eine friedliche, fröhliche Welt hat er darin geschaffen. Im Kontrast dazu stehen seine Werke für Erwachsene, die Einblicke in eine harte Kindheit geben. Eines ist allen Büchern gemeinsam: Der Humor, die kräftige Sprache und die treffenden, wunderschönen Bilder, mit denen Janosch seine Werke illustriert.

Seine mehr als 300 Bücher wurden insgesamt in rund 40 Sprachen übersetzt. Am heutigen Freitag wird der Autor und Künstler nun 85 Jahre alt.

 

Der Künstler findet harte Worte für seine eigene Kindheit

 

Janoschs eigene Kindheit im oberschlesischen Bergarbeiterort Zabrze (früher Hindenburg) im heutigen Polen war geprägt von ständigen Alkoholexzessen des Vaters und von einer Mutter, die aus Frust gnadenlos auf ihren Sohn einprügelte. Gleichzeitig verstieg sich der Vater im Größenwahn und tobte, wenn sein Sprössling die Hoffnungen nicht erfüllte. Und die Mutter putzte ihn fein heraus und machte ihn in der Schule zum Gespött. „Die ersten Jahre meines Lebens waren die totale Zerstörung meiner Person“, sagte Janosch, der eigentlich Horst Eckert heißt, mal der „Süddeutschen Zeitung“.

Als grauenhaft empfand er auch die streng katholische Erziehung, die ihn mit Ängsten vor Fegefeuer und Sünde peinigte. Dann die „Quälerei der Hitlerjugend“, wie er es beschreibt, der Zweite Weltkrieg, 1946 die Aussiedlung und der Neubeginn in Oldenburg. Vieles floss in seine Werke ein, etwa in „Cholonek oder der liebe Gott aus Lehm“. Mal knallhart, dann aber auch wieder wehmütig schildert er die Erlebnisse in der grauen Arbeitersiedlung, wo Janosch seine Kindheit verbrachte.

Schöne Erinnerungen waren kostbar – etwa die an zwei Weihnachtsfeste. Der Vater war aus dem Krieg zurück, die Familie hatte alles verloren. Aber es gab Geschenke: Mais mit Rosinen und im Jahr darauf einen Mantel. „Das war ein wahres Geschenk – ich könnte heute noch vor Freude heulen“, sagte Janosch einmal der „Frankfurter Rundschau“.

Vielleicht sind es gerade diese Erfahrungen, die Janoschs Bücher so besonders machen. Ein Gegenentwurf zu seinem wirklichen Leben, das er später lange Zeit mit Alkohol aus seinem Kopf zu verdrängen suchte. Sein selbstgeschaffenes Paradies auf dem Papier war bunt und naiv, bevölkert mit skurrilen Wesen, die sich gegen Obrigkeiten, Anmaßungen und Ungerechtes wehren – aber nicht mit Gewalt, sondern verschmitzt und mutig, mit Verstand und Herz.

„Bei Janosch werden die zu Helden, die sonst niemand beachtet“, schreibt „Zeit“-Redakteur Tillmann Prüfer im Nachwort zum Buch „Herr Wondrak rettet die Welt, juchhe!“.

 

Am liebsten liegt er in seiner Hängematte auf Teneriffa

 

Janosch lebte jahrelang in München. Vor mehr als 30 Jahren fand er dann sein privates Paradies: Auf der spanischen Kanaren-Insel Teneriffa, wo er mit seiner Frau Ines lebt. Sein Lieblingsplatz: „Immer Hängematte“, berichtete er seiner Biografin Angela Bajorek. Der Titel ihres unlängst erschienenen Buches ist ein Zitat, das man auch Janoschs Lebensphilosophie nennen könnte: „Wer fast nichts braucht, hat alles“. Genügsam, liebevoll und hilfsbereit sein und das Glück im Kleinen finden – Werte, die sich durch viele seiner Werke ziehen.

Trotzdem sind seine Figuren keine tugendhaften Musterschüler. Sie sind auch launisch, frech und anarchisch wild. Sie nehmen sich und die Welt nicht so ernst und halten es wie die kleinen Schweinchen und "tunken unser Bein in die Tomatensoße ein".

Das Schönste an ihnen ist ihr Humor, wie in "Der Frosch ist ein Großmaul". Alles will er besser können als Schnuddel: Schön sein, weitspringen und das Maul öffnen. So weit reißt der Frosch den Schlund auf, bis er sich schließlich selbst verschluckt. "Weg für immer", schreibt Janosch, und Schnuddel merkt schadenfroh an: "Siehste, das kommt davon".

 

Fünf Fragen an Janosch: "Ein wenig Gesang wird sein sollen"

 

Herr Janosch, Sie leben schon seit Jahrzehnten auf Teneriffa. Wie verbringen Sie dort Ihre Zeit?
Janosch: Mit Essen, und ich trinke diesen Wein. Und ich pflanze im Garten Kartoffeln zum Beispiel.

Kinder, aber auch Erwachsene lieben Ihre Bücher. Bekommen Sie noch manchmal Post von Ihren Lesern?
Sehr selten, es gibt auch sowieso keinen Briefträger hier in der Einsamkeit.

Haben Sie selbst eine Tigerente zuhause?
Nicht eine einzige und ich weiß nicht, warum das so ist. Weil ich keine brauche. Wohl.

Wie feiern Sie Ihren Geburtstag?
Ein Fisch wird gebraten. Und Wein wird getrunken. Und ein wenig Gesang wird sein sollen. Zum Beispiel Geigenmusik müsste dann im Radio sein.

Und was ist Ihr größter Wunsch, den Sie zu Ihrem 85. Geburtstag haben?
Dass ich hier ewig so sitzen kann und die Sintflut erst kommt, wenn ich ganz weg bin. Also nach meiner Himmelfahrt.

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