Holzhammer und Nudelholz

Hausbacken geriet „Der geduldige Socrates” von Georg Philipp Telemann am Gärtnerplatztheater
von  Robert Braunmüller

Die Bayerische Staatsoper lebte vor Jahren gut davon, Georg Friedrich Händels eigentlich ernst gemeinte Opern durch den Kakao zu ziehen. Georg Philipp Telemanns „Der geduldige Socrates” braucht dazu keine britischen Theatermänner: Das Stück ist bereits Klamauk und deshalb schwerer auf die Bühne zu wuchten als Händels heroische Geschichten.

Im Gärtnerplatztheater nahm sich der ehemalige Countertenor Axel Köhler dieser Barockoper an. Vielsagend genug kam in einer halbkomischen Selbstmordszene statt eines Dolchs der Holzhammer zum Einsatz. Dass die Sprüche des Sokrates auf einen Platon-Kopf projiziert werden, ist angesichts der Philosophiegeschichte sehr tiefgründig. Sonst richtet sich die Aufführung mehr an Leute, die ihren Spaß haben, wenn in Ehekrächen das Nudelholz geschwungen wird.

Barockes ohne Stil-Rechthaberei

Alle anderen dürfen wenigstens schmunzeln. Der griechische Meisterdenker ist bei Telemann aus bevölkerungspolitischen Gründen doppelt verheiratet. In den Dauerkrach zwischen Xantippe und Amitta hineingeschachtelt wurde die Geschichte zweier Prinzessinnen (Stefanie Kunschke und Ella Tyran), die einen entscheidungsschwachen Athener (Robert Sellier) begehren. Weil aber auch ein zweiter liebeskranker Jüngling um sie wirbt, wäre der Konflikt an sich leicht zu lösen. Doch das zieht sich, obwohl eine Stunde Telemann gestrichen sein dürfte

Das Gärtnerplatztheater beteiligt sich nicht an der üblichen Barockstil-Rechthaberei. Stefan Sevenich (Sokrates und seine in jeder Hinsicht schrillen Weiber (Heike Susanne Daum und Thérèse Vincent) bedachten das nicht in voller Stärke erschienene Premierenpublikum mit solider Operette. Der wackere Countertenor Yosemeh Adjei (Antippo) krähte ein wenig, alle übrigen Beteiligten lieferten hausbacken solides Ensemblehandwerk.

Unter Jörn Hinnerk Andresens musikalischer Leitung begann das Orchester des Gärtnerplatztheaters die Ouvertüre mit altmodisch orgelgesättigter Erdenschwere, fand aber in den schnellen Sätzen zu einer angemessen federnden Rhythmik. Telemanns Musik ist eingängig und unterhaltsam. Wer Händels Weitschweifigkeit fürchtet, dürfte von den kurzen Arien überrascht sein. Und man reibt sich die Augen ob der Tatsache, dass dieses hübsche Barockmusical erst jetzt seine Münchner Erstaufführung erlebt hat.

Wieder am 3., 13., 21. und 26. Juli, Karten unter Tel.2185-1960

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