Hoffnung auf Licht
Filmemacher Hans-Christian Schmid zu seinem Polit-Thriller „Sturm“ über eine Juristin im Kampf gegen Kriegsverbrecher
Man könnte ihn einen Moralisten nennen, nur hat das einen betulichen Beigeschmack. Aber Hans-Christian-Schmid ist ein Filmemacher, der mit sozialkritischem Engagement auch Spannung und Unterhaltung verbindet, die das Publikum nicht vergisst. Er wurde geboren 1965 in Altötting und ist Absolvent der HFF München. Er ist preisgekrönt unter anderem für „Crazy“ und „Requiem“ (2006). Auf dem Filmfest München wurde er für sein Polit-Drama „Sturm“ mit dem Bernhard-Wicki-Filmpreis ausgezeichnet. Es geht um Gerechtigkeit für die Opfer von Kriegsverbrechen. Hannah Maynard (Kerry Fox), die als Anklägerin am Internationalen Gerichtshof in Den Haag im Prozess gegen den serbischen Exoffizier Duric samt ihrer bosnischen Zeugin Mira in Lebensgefahr gerät, ist einer authentischen deutschen Juristin nachempfunden. Und die Geschichte ist realistisch.
AZ: Herr Schmid, Sie packen schwierige Themen an, wie hier unter anderem die Arbeit des EU-Kriegsverbrechertribunals, die 2010 beendet sein soll. Glauben Sie, das Publikum zieht mit?
HANS-CHRISTIAN SCHMID: Ich kann es nur hoffen. Vor kurzem haben wir den Film beim Festival Sarajevo vor 3000 Leuten in einer Open-Air-Arena gezeigt, die Reaktion war überwältigend. Ich hatte Sorge, man würde meinen Außenseiter-Blick kritisieren, aber gerade den fanden die Leute gut. Das Thema ist so wichtig, und nach der jahrelangen, manchmal trockenen, juristischen Recherche wollten mein Co-Autor Bernd Lange und ich auch emotional etwas bieten mit dem Film. Vielleicht spricht sich das herum. Ich wünsche es mir und dem Team so sehr.
Wie authentisch sind Hannah und ihr Umfeld?
Wir erzählen nah an der Wirklichkeit, auch wenn sich „Sturm“ nicht auf einen konkreten Fall bezieht. Und für Hannah und ihre Kollegen gibt es Vorbilder am Tribunal, wichtiger scheint mir jedoch, dass das Dilemma, in dem diese Leute stecken, nämlich unter großem Zeitdruck ihre Arbeit gut machen zu wollen, sehr realitätsnah ist.
Wie ist den nun der Stand der Dinge?
Die UN entscheiden von Jahr zu Jahr, in welchem Umfang das Kriegsverbrechertribunal noch unterstützt wird, die Forderung, dass alle Anklagen bis Ende 2010 abgeschlossen werden, besteht. Aber es gibt Anträge, einige Verhandlungstermine zu verlängern.
Mit der Figur Ihres Offiziers Duric in „Sturm“ assoziiert man sofort reale Balkan-Kriegsherren wie Milosevic.
Der ist ja noch während des Prozesses 2006 gestorben. Aber diese Assoziationen sind berechtigt. Karadzic lebt in Belgrad in U-Haft, Ende September soll das Verfahren gegen ihn in Den Haag beginnen. Anklägerin ist Hildegard Uertz-Retzlaff, unser Vorbild für Hannah Maynard.
Glauben Sie, als Filmemacher die Welt ein bisschen besser machen zu können?
Ich glaube, dass es manche Filme schaffen, die Zuschauer zum Nachdenken über die Welt, in der wir leben, zu bringen. Vielleicht wird sie dadurch auch ein Stück besser.
Die Taten vieler Kriegsverbrecher bleiben ungesühnt. Was bleibt Opfern wie den vergewaltigten Frauen übrig?
Die Hoffnung, dass noch möglichst viele Schuldige bestraft werden. Und dass die Öffentlichkeit von den Verbrechen weiß, die Wahrheit ans Licht kommt.
Angie Dullinger
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