Hinter Wänden
Das wurde ja auch Zeit: Sieben Jahre hat Ex-Kommissar Tabor Spüden am Kölner Eigelstein die Kölsch-Gläser gefüllt und als Kellner gearbeitet, nun kehrt er wieder zurück in die Stadt, mit der ihn eine eigenartige Hassliebe verbindet. „Süden” (Droemer, 364 Seiten, 19.99 Euro) heißt ganz schlicht das Comeback von Friedrich Anis wohl populärster Figur, deren Verfilmung „Süden und der Luftgitarrist” im letzten Jahr mit gleich sieben Grimme-Preisen belohnt wurde.
Der Münchner Süden bleibt der Anti-Ermittler und Zweifler im Gewerbe, ein Mann, der auf ganz eigene Art seelischen Brüchen und ungezählten Biergläsern auf den Grund geht.
Ein Anruf seines Vaters hat den Mittfünfziger aus der Bahn geworfen. Seit Jahrzehnten hat er nichts mehr von ihm vernommen, allenfalls eine Postkarte ohne Absender erhalten. Die plötzliche Kontaktaufnahme aber lässt ihn in Köln die Zelte abrechen und wieder in München nach ihm suchen.
Eher aus persönlicher Ratlosigkeit denn aus Ehrgeiz heuert Süden als Privatdetektiv bei Edith Liebergesell an. Sie wollte ihn schon Jahre zuvor nach seinem Ausscheiden verpflichten. „Hikikomori nennen die Japaner Menschen, die verschwinden, Menschen hinter Wänden”, erklärt sie ihm. Das wird bis zum Ende des Buches eine ganz besondere Bedeutung bekommen.
Zunächst aber setzt sie Süden auf einen aussichtslosen Fall an. Der Sendlinger Wirt Raimund Zacherl ist verschwunden – und das schon vor zwei Jahren. Nun will die Witwe (?) Klarheit über das Schicksal ihres Mannes.
Die Jahre in der Kölner Kneipe haben Südens Gespür nicht geschadet, letztendlich ermittelt er auch wie ein Wirt, der sich am Tresen die Lebenslügen und zerplatzen Lebensträume seiner Gäste anhört – Geschichten von Menschen, die plötzlich erloschen sind und Wände zwischen sich und der Welt errichtet haben.
Gewohnt meilenweit entfernt vom Krimigenre, schickt Ani seinen Ermittler durch diese dunkle, bewegende Ballade über die großen Sehnsüchte und Niederlagen des Lebens.
Die heutige Festival-Eröffnung mit Friedrich Ani und Peter Probst ist ausverkauft. Ani liest wieder am 22.3. im Substanz
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