Hier swingt der Papa

Normalerweise diskutiert er mit der Presse den Zustand seiner Tochter Amy. Jetzt hat Mitch Winehouse mit „Rush Of Love“ sein Debüt-Album veröffentlicht – eine respektable Crooner-Platte
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Normalerweise diskutiert er mit der Presse den Zustand seiner Tochter Amy. Jetzt hat Mitch Winehouse mit „Rush Of Love“ sein Debüt-Album veröffentlicht – eine respektable Crooner-Platte

Bei der Rede des Königs der Zulu-Nation in einem neu eröffneten Londoner Restaurant soll sie mehrfach eingenickt sein, wenn sie sich nicht laut unterhielt, oder mit ihrem neuen Freund, dem Regisseur Reg Traviss, knutschte. Anfang des Monats dokumentieren Fotos eine Amy Winehouse, die morgens vor einem Londoner Pub auf einer Bank eingeschlafen ist. Fast schon mütterlich reif mutet da die Geschichte mit der Hühnersuppe an. Die nämlich brachte die 27-Jährige ihrem Vater ins Krankenhaus, in das der kürzlich wegen starker Schmerzen, die sich als Gallensteine herausstellen sollten, eingeliefert wurde.

Bei all diesen Beschäftigungen lässt das neue Album, an dem Winehouse arbeiten soll, auf sich warten. Da muss doch die Familie übernehmen. Nur die Gallensteine nämlich verhinderten, dass der Papa schon mit seinem Erstling auf Tour ist. „Rush Of Love“ heißt das Werk. Wer das Album im Internet bestellt, braucht allerdings für den Import aus England etwas Geduld. Vom Cover blickt ein silberhaariger, perfekt gebürsteter Mitch Winehouse im Anzug. In der Hand ein Retro-Mikrofon. So macht die Tätowierung „Daddy’s Girl“ auf Amys Oberarm natürlich Sinn.

Mit leichter Schläfrigkeit

Denn das Album ihres Vaters erfüllt die Peinlichkeits-Vermutung nicht. Zum Big-Band-Swing gibt er den Crooner und eröffnet mit einer Saul-Chaplin-Nummer von 1938, „Please Be Kind“. Nicht jede Phrasierung sitzt hier unverrückbar sicher, aber ein Debüt im Frank-Sinatra-Format erwartet von einem Herrn kurz vor 60, der bis jetzt sein Geld als Taxifahrer verdiente, auch niemand.

„How Insensitive“ gerät ihm mit einer leichten Schläfrigkeit in der Stimme geradezu lasziv. „Close Your Eyes“ ist doch noch ein ganzes Eck vom schmeichlerischen Ideal entfernt. Aber wenn man nicht gerade die Ella-Fitzgerald-Version von „April In Paris“ als Vergleich hört, schafft er mit dieser Nummer auch einen würdigen Abgang.

Amüsant dagegen das Booklet. Zwar fehlen alle Angaben zu den Musikern seiner Band, dafür lässt Herr Winehouse, der ja auch gerne mit der Presse die Probleme seiner Tochter diskutiert, den Käufer in sein Familien-Album blicken. Das Hochzeitsbild seiner Eltern ist da ebenso dabei, wie die schon damals unverkennbare, dreijährige, quengelnde Amy. Und wenn Mitch nicht gerade die Kinder im Arm hat, herzt er seine „andere Hälfte“ (Bildunterschrift), oder zeigt uns sein ehemaliges Fußballteam. Hier lebt der Papa die gepflegt familiäre Unterhaltung als Gegenmodell zur Tochter. Die hat ihn zwar ermutigt, sein Ding durchzuziehen – nachzulesen in Mitchs Danksagungen – zu einem Duett mit dem Vater allerdings hat sie sich nicht hinreißen lassen.

Christian Jooß

Mitch Winehouse: „Rush Of Love“ (Janey Records)

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