Herz gehört zum Lachen
1977 als Sohn des Regisseurs Ivan Reitman geboren, wurde Jason Reitman mit „Thank You for Smoking“ bekannt. Sein neuer Film „Juno“ war vierfach nominiert und gewann den Drehbuch-Oscar.
Nach dem ersten Sex ist „Juno“ ungewollt schwanger. Nach dem Drehbuch von Oscar-Gewinnerin Cody Diablo und mit Ellen Page als Titelheldin gelingt dem Kanadier Jason Reitman in seinem zweiten Spielfilm nach „Thank You for Smoking“ eine umwerfend menschliche Komödie.
AZ: Mr. Reitman, eine ungewollte Schwangerschaft ist eigentlich kein Komödienstoff?
JASON REITMAN: Mir gefällt die Kombination von Humor und Realität. Das Drehbuch von Cody Diablo hat mich umgehauen. Sie zeichnet verschiedene Familienentwürfe und Figuren ohne zu werten, nähert sich dem eigentlich dramatischen Sujet mit ungewohnter Lässigkeit und Offenheit und bricht dabei sämtliche Regeln. Kaum denkt man, da geht’s lang, überrascht „Juno“ mit unerwarteten Wendungen.
Ist Teenager-Schwangerschaft ein Problem in den USA?
Teenager-Schwangerschaften gibt’s überall. Das ist für mich auch nur der Auslöser für diese amüsante Geschichte. Im Kern erzähle ich davon, dass ein Teenager zu schnell erwachsen wird und ein 30-jähriger Mann nicht erwachsen werden will. Mit 16 hatte ich eine zehn Jahre ältere Freundin, dadurch bin ich zu schnell erwachsen geworden. Schwere Themen in eine Komödie zu verpacken, ist eine Kunst, die mich interessiert.
Haben Sie noch recherchiert?
Ich glaube nicht an den Wert von Recherchen, die zwängen die Fantasie in ein Korsett und entfernen uns vom wirklichen Leben. Ein konstruierter Film ist blutleer. Statt zu intellektualisieren, sollte man sich darauf konzentrieren, was Menschen fühlen und tun. Das Schönste ist doch, den Film mit Publikum anzusehen und gemeinsam zu lachen.
Woher kommt Ihr Sinn für Humor und Satire?
Den habe ich von meinerMutter. Normalerweise sind Franco-Kanadierinnen nicht damit gesegnet, sie ist eine Ausnahme, sprüht immer vor Witz. Man muss aufpassen, bei einer Satire nicht das Herz zu vergessen, sonst endet man im Zynismus.
Welchen Einfluss übt Ihr Vater, Regisseur Ivan Reitman, noch auf Sie aus?
Seitdem ich als Kind das erste Mal 1984 bei „Ghostbusters“ am Set herumgewuselt bin, ist er ist mein absolutes Vorbild, mein Held, und hat mir alles beigebracht, was ich als Geschichtenerzähler brauche. Ich frage ihn auch immer, was er von meinen Projekten hält.
Ihre Karriere lief also „easy“ aufgrund Ihrer Herkunft?
Da irren Sie sich gewaltig. Sohn eines berühmten Vaters zu sein, ist nicht die leichteste Übung. Alle lauern nur auf einen Fehler. Und mit „Thank You for Smoking“ musste ich fünf Jahre Studios abklappern, bevor mir ein Internetmillionär einen Scheck schrieb. Das vergesse ich nicht.Um anderen diesen steinigen Weg zu verkürzen, unterstütze ich mit meiner Produktionsfirma junge Leute, ihre Träume zu verwirklichen.
Ihr Traum ist mit „Juno“ in Erfüllung gegangen.
Ja, wir dachten an eine schräge Teenager-Komödie, hofften auf einige Festivals und darauf, ein bisschen Geld zu verdienen. Und plötzlich der Hammer: Wir haben rund 140 Millionen Dollar in den USA eingespielt, freuen uns über den Preisregen, der Soundtrack ist derzeit das best verkaufte Album. Cool! Diese Erfolgssträhne wird nicht ewig dauern. Wahrscheinlich kommt bald die Bauchlandung, hoffentlich nicht zu hart.
Margret Köhler