"Helden" als Live-Comic
Superhelden sind auch nicht mehr, was sie mal waren. Auch in „Helden“ wartet die Öffentlichkeit auf die angekündigte Ankunft von Spiderman und Catwoman, aber die beiden sind nicht Retter, sondern stehen ab sofort auf der anderen Seite.
Superhelden sind auch nicht mehr, was sie mal waren. Früher waren Spiderman und Catwoman Konservative im Kampf um Sicherheit und Ordnung. Auch in „Helden“ wartet die Öffentlichkeit auf die angekündigte Ankunft von Spiderman und Catwoman, aber die beiden sind nicht Retter, sondern stehen ab sofort auf der anderen Seite: David und seine kleine Schwester Judith ziehen im Comic-Kostüm in die Welt, um Einkaufszentren und Wellness-Oasen zu sprengen. Mutter Doris (Simone Stahlecker), Französisch-Lehrerin und Heulsuse, und Vater Wolfgang (Rainer Lott), ein Zeitschriftenredakteur und Weichei, haben sich unterdessen ahnungslos lieb.
Mit solchen Familienaufstellungen wurde Ewald Palmetshofer zum Shootingstar der aktuellen Autorenszene, gar gefeiert als Erneuerer des Erbes von Henrik Ibsen. Ungewöhnlich für zeitgenössische Dramatik ist, dass die Texte des 31-jährigen Österreichers auch nach der Uraufführung anderswo nachgespielt werden. Den Erstling „Helden“ hat jetzt Markus Schlappig für die Halle 7 quietschbunt und mit kraftvoller Schauspielerei als Live-Comic inszeniert.
Sehnsucht nach Revolution braucht keine Ideologie mehr, erzählt Palmetshofer. Die post-antiautoritär aufgewachsenen Kinder rennen an gegen „Schaumstoffwände“, errichtet von panisch kuschelnden „Integritäts-Nutten“ des mittelständischen Wohlstands. Arik Seils entwickelt als David die angemessene Verführungskraft eines rebellischen Anführers, der von Judith (Friederike Pasch) angehimmelt wird. Ihr Liebster Paul (Urs Fabian Winiger) hat schließlich gegen den Charme der Anarchie keine Chance und der zukunftsfrohe Immobilienhändler überlebt den Showdown nicht.
Mathias Hejny
Halle 7 (Kultfabrik), bis Sonntag sowie 2. und 4. Februar, 20 Uhr, Telefon 53297829