GOP-Varieté: Entwicklungshilfe für deutsche Artisten
Deutsche Tugenden sucht man traditionell bei Fußball-Turnieren oder unter Autobauern. Für Zirzensisches auf Weltniveau sind bisher Chinesen, Russen und Amerikaner zuständig. Doch das GOP-Varieté will das ändern, kümmert sich daher um Entwicklungshilfe und präsentiert Akrobatik „Made In Germany“.
Showregisseur Markus Pabst verzichtet zwar auf Deutschtümelei und geht statt dessen mit Klischees spielerisch und ironisch um. Die Künstler trinken Flaschenbier aus Bayern und sind mit weißem Leibchen und schwarzer Trikothose eingekleidet wie aus einem Turnbeutel, der lange vor ihrer Zeit vergessen worden ist. Das Ensemble ist sehr jung und zeigt sehr frische, oft theatralische Inszenierungen wie Kati und Philipp mit einer ballettnahen und sehr sinnlichen Partnerakrobatik. Die expressive Schwerelosigkeit in glamourfrei puristischer Ausstattung, mit der Tim Schneider am Vertikaltuch tanzt und Rémi Martin atemberaubend am Chinesischen Mast zu schweben scheint, könnte ein Markenzeichen für Varietékunst aus deutschen Landen werden.
Zum „Made In Germany“ gehören aber auch der hoch dramatisch mit Zwangsjacke arbeitende Schweizer Florian Zumkehr und der Äthiopier Girma Tsehai mit einer technisch wie visuell faszinierenden Jonglage. Das ungewöhnliche Programm wird zusammengehalten vom rotzigen Prenzelberg-Charme der Moderatorin Chantall.
Mathias Hejny
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