Goldener Bär geht nach Brasilien

Rund 230.000 verkaufte Karten, viel Glamour-Faktor und oft fast frühlingshaftes Wetter - die 58. Berlinale geht am Sonntag mit einem Publikumstag zu Ende. Den Goldenen Bären erhielt der brasilianische Wettbewerbsbeitrag «Tropa De Elite» (Elite-Einheit).
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Rund 230.000 verkaufte Karten, viel Glamour-Faktor und oft fast frühlingshaftes Wetter - die 58. Berlinale geht am Sonntag mit einem Publikumstag zu Ende. Den Goldenen Bären erhielt der brasilianische Wettbewerbsbeitrag «Tropa De Elite» (Elite-Einheit).

Der Goldene Bär der 58. Berliner Filmfestspiele geht an den brasilianischen Wettbewerbsbeitrag «Tropa De Elite» (Elite-Einheit). Das teilte die Berlinale-Jury am Samstagabend mit. In seinem kontrovers diskutierten Spielfilmdebüt erzählt Regisseur José Padilha vom brutalen Kampf einer Spezial-Einheit der Militärpolizei gegen die Drogenmafia in den Elendsvierteln von Rio de Janeiro.

«In jeder Sprache ist es schwierig auszudrücken, was ich empfinde», sagte Preisträger Padilha. «Wir wollen die Situation in Brasilien verändern. Dabei hilft der Film», sagte Produzent Marcos Prado. In Brasilien sollen bereits vor Kinostart rund zwölf Millionen Menschen einen illegal auf DVD gebrannten Rohschnitt des Films gesehen haben. Noch einmal 2,5 Millionen Menschen sahen das unter anderem wegen seiner brutalen Folterszenen umstrittene Werk dann im Kino.

Als beste Schauspielerin zeichnete die Jury unter Vorsitz des französisch-griechischen Regisseurs Constantin Costa-Gavras die Britin Sally Hawkins mit einem Silbernen Bären aus. Sie bezauberte das Festivalpublikum als ewig gut gelaunte, sich dem Erwachsenwerden verweigernde 30-jährige Poppy in Mike Leighs Komödie «Happy-Go-Lucky» (Unbeschwert). Bester Darsteller wurde der Iraner Reza Naji als arbeitsloser Familienvater in «The Song Of Sparrows» (Der Gesang der Spatzen) von Majid Majidi.

Beste Regie

Der Preis für die beste Regie ging an den US-Amerikaner Paul Thomas Anderson («Magnolia»). Er wurde für sein für acht Oscars nominiertes und auch als Bären-Favorit gehandeltes Ölsucher-Drama «There Will Be Blood» ausgezeichnet. Die Deutschen gingen leer aus.

Der Silberne Berlinale-Bär für das beste Drehbuch geht nach China. Die Jury zeichnete Regisseur Wang Xiaoshuai für sein Drama «In Love We Trust» aus. Darin kämpft eine Mutter um ihre krebskranke Tochter. «Das Filmemachen ist in China schwierig für unabhängige Filmemacher. Dieser Preis hilft uns sehr», sagte der Regisseur.

Das war es dann auch schon mit der Berlinale 2008. Was bleibt in Erinnerung? Der «Glamour-Faktor» der 58. Berlinale war trotz einiger Spontan-Absagen - Woody Harrelson und John Malkovich - hoch. Die Rolling Stones waren natürlich da, Penelopé Cruz und Scarlett Johansson kamen, Natalie Portman und Daniel Day-Lewis gaben sich die Ehre - und natürlich Madonna.

Deren Regiedebüt, die Komödie «Filth And Wisdom» («Schmutz und Weisheit»), fiel bei den Kritikern durch. Zu seicht, zu belanglos, lautete das vernichtende Urteil. Aber das kennt man ja schon von Mrs. Ciccones desaströsen Auftritten als Schauspielerin. Klar, Ausnahmen bestätigen die Regel, aber es gibt eben auch jene Schuster, die bei ihrem sprichwörtlichen Leisten bleiben sollten.

Wetter spielte mit

Was bleibt noch zu sagen? Das Wetter war erstaunlich gut für Berliner Verhältnisse. Hatten in anderen Jahren Berlinale-Besucher schon mal durch Schnee waten und auf Eis herumrutschen müssen, waren die Temperaturen in diesem Februar ungewöhnlich mild. Und dann gab es ja auch noch etwas außerhalb des Hauptwettbewerbs: Ebenfalls am Samstag verkündeten die unabhängigen Jurys ihre Sieger bei der Berlinale. Der Preis der Ökumenischen Jury für den besten Wettbewerbsfilm ging an «I've Loved You So Long» von Philippe Claudel, eine lobende Erwähnung erhielt «In Love We Trust» von Wang Xiaoshuai. Als bester Film in der Sparte Panorama wurde «Boy A» von John Crowley ausgezeichnet.

Der internationale Verband der Filmkritik zeichnete als besten Wettbewerbsfilm «Lake Tahoe» von Fernando Eimbcke mit ihrem Fipresci-Preis aus. Im Panorama gewann «Rusalka» von Anna Melikian. Der Preis der Gilde deutscher Filmkunsttheater ging an «Restless» von Amos Kollek. Der Internationale Verband der Filmkunsttheater kürte den Film «Revanche», der im Panorama lief, zum Sieger (C.I.C.A.E.). Der Manfred-Salzgeber-Preis ging an «Megane» von Naoko Ogigami.

Teddy-Award

Der mit je 3000 Euro dotierten Teddy-Awards für Filme, die in einem schwul-lesbischen Kontext stehen, gingen an «The Amazing Truth About Quenn Raquela» von Olaf de Fleur Johannesson (bester Spielfilm), «Football Under Cover» von David Assmann und Ayat Najafi (bester Dokumentarfilm), sowie an «Ta» von Felipe Sholl (bester Kurzfilm). Mit dem Caligari-Filmpreis wurde «Tirador» von Brillante Ma.Mendoza ausgezeichnet.

230.000 Karten

Insgesamt wurden rund 230.000 Karten verkauft. Im vergangenen Jahr waren es etwa 224.000 Karten. Berlinale-Chef Dieter Kosslick zog am Samstag eine positive Bilanz des Festivals, bei dem über 380 Filme in insgesamt 1256 Vorstellungen in den verschiedenen Sektionen gezeigt wurden. «Es war eine große Berlinale und voller Energie. Es war eine Berlinale der Musik, der großen Emotionen und großartigen Künstler. Der Groove war gut und Berlin war dieses Jahr nicht kalt, sondern cool.» Das Interesse an der Berlinale 2008 sei sowohl seitens der Fachbesucher als auch des Publikums größer denn je gewesen. Mehr als 20.000 Festivalteilnehmer wurden akkreditiert, darunter allein 4200 Journalisten. Die 59. Internationalen Filmfestspiele Berlin finden vom 5. bis zum 15. Februar 2009 statt. - Na dann, auf ein Neues! Lesen Sie am Sonntag noch mehr zur Berlinale. (nz)

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