Glamrock in der Oper
„Out Of The Game“ – Rufus Wainwright hat sich von Mark Ronson eine prachtvoll dekadentes Album produzieren lassen.
Rosarot mit Karos das Sakko, dazu der Gehstock mit silbernem Totenknopfknauf: Unzweifelhaft zeigt Rufus Wainwright auf dem Cover seines neuen Albums, dass er einer der letzten Dandys der Popkultur ist. „Out Of The Game“ heißt es – in Fortführung der Pose. Wahrhaft: Die letzte Dekadenz unserer Tage, in der noch jeder dahergelaufene Manager sich mit Milliönchen die Nase pudert, ist es, mit Verve eine unzeitgemäße Existenz zu leben.
Judy Garland, der Madonna der Schwulen, hat er ein Album gewidmet, hat sich mit „Prima Donna“ den Traum einer eigenen Oper erfüllt. Hat überhaupt die große Orchestrierung fast immer dem Schlichten vorgezogen und dann auch, wie auf „Release The Stars“, mit allen verfügbaren Mitteln ein überanstrengtes Album geschaffen.
Nein, „Out Of The Game“ nimmt sich nicht die Spur zurück. Aber mit Hilfe des Produzenten Mark Ronson ist es Rufus geglückt, den Drang zur Hochkultur zum Pop umzuleiten. Schon wird sein ganzes Streben nach Bedeutung und Wagner zum Glamrock. Und das ist wunderbar. Er sei auf der Suche nach dem speziellen Kick, singt er im Titelsong. Und während sich der Bandsound zur Ekstase des Refrains zusammenzieht, hebt Rufus vom Bühnenboden ab. Um der kommenden Generation der Hipster mit arrogantester Fröhlichkeit entgegenzuschallen: „Suckers, does your mama know what you’re doing?“
Das Herz hinter der Klangmaskerade
Auf „All Days Are Nights: Songs For Lulu“ durchlitt er allein am Piano den Tod der Mutter Kate McGarrigle. Jetzt blüht das Leben wieder: Ein fantastischer Witz, die onkelig swingenden Bläser auf „Welcome To The Ball“, die sofort den Tanzsound des James Last abrufen. In „Montauk“ begleitet ihn ein Synthieorchester zur schwulen Fantasie von zwei Vätern. Von denen einer einen Kimono trägt, während der andere Rosen hegt. Selbst die „Bitter Tears“ schluckt er vor der Kunststoffkulisse von 80er-Jahre-Elektronik herunter. Im metallischen Federhall der Gitarre auf „Respectable Dive“ scheint lasziv die Erinnerung an den Rock’n’Roll der 50er auf.
Wer in diesem großen Spaß an der Klangmaskerade das Herz des Rufus sucht, findet es im letzten Song „Candles“: Tante Anna McGarrigle, Vater Loudon und Schwester Martha – aus dem Schoß der Familie steigt ein Folksong über das Ende aller Gebete, das Scheitern der Hoffnung auf dem Weg zum Neuen. Es ist nicht immer leicht, ein Dandy zu sein.
Rufus Wainwright: „Out Of The Game“ (Decca / Universal)
- Themen: