Geschnitzte Erzählfreude
Das Bayerische Nationalmuseum zeigt Elfenbeinarbeiten aus dem Mittelalter
Im Mittelalter gab es Werbegeschenke aus Elfenbein – natürlich nur für Menschen, die ein hohes Amt bekleideten, Fürsten und Geistliche. So bekam vermutlich ein Abt zu seinem Amtsantritt um das Jahr 1270 ein Lesebuch geschenkt, in dessen Deckel ein aus Elfenbein geschnitztes Relief eingearbeitet worden war.
Mit Bergkristallen und Gold verziert, ist der sogenannte „Asturius-Buchdeckel“ eines der prachtvollsten Stücke der Elfenbeinsammlung des Hessischen Landesmuseums in Darmstadt. In der einzigartigen Ausstellung „Mittelalterliche Elfenbeinarbeiten im Dialog“ im Bayerischen Nationalmuseum sind nun erstmals die mittelalterlichen Elfenbeinschnitzereien aus Hessen mit ergänzenden Stücken aus bayerischen Beständen zu sehen. „Der Dialog der Elfenbeine“ sei eine einmalige Chance, einen Vergleich der unterschiedlichen Arbeiten anzustellen, urteilt der Kurator des Hessischen Landesmuseum, Theo Jülich.
Kunstzusammenführung
Ein Skelett-Diorama aus Elefanten-, Nashorn-, Walross- und Flusspferdschädeln verweist auf die Herkunft des Elfenbeins, das im Mittelalter ebenso kostbar war wie Gold, Edelsteine oder Perlen. Hauptsächlich sakraler Natur sind daher auch die ausgestellten Gegenstände aus den Sammlungen des Kölner Barons von Hüpsch, der Wittelsbacher und des Bambergers Martin Joseph von Reider. Neben der umfangreichen Buchdeckel-Schau und erstaunlich gut erhaltenen Trage-Altären aus dem Hessischen Landesmuseum sind Abtskrümmen, Reliquienschreine und zahlreiche Relief-Arbeiten mit Motiven des Alten und des Neuen Testaments zu sehen.
Das sogenannte „Magdeburger Antipodium“, Teil einer Altarverkleidung, wird von den Kuratoren als Höhepunkt der Ausstellung bezeichnet. 40 kleine Elfenbeintafeln stiftete Kaiser Otto der Große in der Zeit zwischen 962 und 973 dem Magdeburger Dom. 16 Relief-Täfelchen sind noch erhalten, drei davon in München und eines in Darmstadt, die nun wieder zusammengefügt wurden. Eine ungewöhnliche Erzählfreude und viel Liebe zum Detail machen diese vier kleinen Plättchen zu einer Besonderheit der Reliefschau.
Nadja Mayer
Prinzregentenstraße 3, bis 17. Okt., Di – So 10 – 17 Uhr, Do 10 – 20 Uhr, Katalog 39.90 Euro
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