Geheimnisvolle Miss Aniela: Aus dem Internet ins Museum
Den Feminismus interpretiert jeder auf seine Weise: Als geheimnisvolle Miss Aniela eroberte eine junge Dame im Internet ein Millionenpublikum.
Bislang 477, oft erotische, künstlerische Selbstinszenierungen stellte sie als eine Art optisches Tagebuch ins Netz – ihre wahre Identität aber blieb lange unbekannt. Proteste von Feministinnen, die Miss Aniela die Zurschaustellung des eigenen Körpers vorwarfen – und einen extremen Hang zum Narzissmus – erhöhten selbstverständlich die Klickzahlen und beförderten die Karriere der jungen Fotografin.
Im vergangenen Jahr schaffte sie es mit der Sammelausstellung „HowWe Are Now“ bis in die Londoner Tate Britain. Inzwischen ist auch der Schleier der Identität gelüftet. Natalie Dybisz heißt die 22-jährige Britin, die heute in Madrid ihre Einzelausstellung „Self-gazing“ eröffnet. Die Lolita aus dem Internet ist in der Kunstwelt angekommen und lässt die Kritik an ihrem Werk lässig abprallen.
Viele ihrer Bildideen stammten aus Erinnerungen an die Kindheit, sagt die Fotografin, die sich häufig auf ihren Motiven digital verdoppelt oder verdreifacht, um die Eigenliebe mit Kussszenen und Umarmungen noch zu steigern.