"Der Reini": Das ist kein gewöhnlicher Tatort

Schauderhaft heulen die Wölfe, und aus dem neblichten Wald treten drei Gestalten, die gerade aus der geschlossenen Abteilung einer Psychiatrie entflohen sind. Sie nisten sich auf dem heruntergekommenen Hof von Kommissar Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) ein und nehmen ihn im eigenen Haus als Geisel.
Der Hof wird zum Gefängnis, und der Schwarzwald-"Tatort: Der Reini" (Buch: Bernd Lange, Regie: Robert Thalheim) wird zum beklemmenden Kammerspiel.
Dieser "Tatort" ist kein klassischer Krimi, sondern ein Geiseldrama, das uns nebenbei in die dunkle Familiengeschichte des Friedemann Berg einführt. Der Reini (Felician Hohnloser), das ist nämlich Bergs Bruder: liebenswert lebensfroh, aber in seiner Naivität auch unberechenbar. Reini will mit der ohne ihre Pillen ziemlich weggetretenen Mika (Mareike Beykirch) ein neues Leben in Marokko beginnen: Liebe unter zwei Außenseitern.
Tatort "Der Reini": Faszination für Beton
Alles könnte so schön sein, wäre da nicht der Dritte des Trios: Luke Badrow (Karsten Antonio Mielke) ist ein größtenteils von Skrupeln befreiter Verbrecher, der irgendwo noch Geld hat, das er nun abholen will.
Einen Kriminalfall gibt es auch, der spielt aber eher eine Nebenrolle: Ein Apotheker wurde ermordet. Und weil Berg gefangen ist und seine Kollegin Franziska Tobler (Eva Löbau) gerade ein Führungskräfte-Seminar besucht, muss die arme, noch etwas unsichere Jung-Kollegin Ella Pauls (Luise Aschenbrenner) erst mal alleine ran und die Ermittlungen vor Ort übernehmen. Sie macht das aber eigentlich ganz gut.
Einen Tipp gibt Berg ihr immerhin noch: "Egal, ob’s richtig oder falsch ist: Immer erst mal ‘ne Entscheidung treffen." Nun ja. Mal sehen, wohin das karrieremäßig führt.

Tobler kehrt dann frühzeitig vom Lehrgang zurück, hat aber nebenbei noch mit ihrem Vater zu tun. Überhaupt wird es hier sehr privat.
Der böse Badrow treibt mit der Waffe in der Hand die Handlung voran, die Beziehung zwischen den Berg-Brüdern aber geht zu Herzen und ist der emotionale Mittelpunkt des Films.
Neue Tiefe: Was beim Krimi offen bleibt
Der Reini ist für Friedemann mal der psychisch Kranke, der Badrow blauäugig folgt und somit Teil des Problems ist, mal der hilflos-tapsige Bruder, den es zu beschützen gilt.

Wir lernen auch noch etwas über ein weiteres Familienmitglied der Bergs. Was hingegen offen bleibt: Woher stammt Mikas bis zur Besessenheit gehende Faszination für Beton? Sonst gibt es an diesem recht dunklen "Tatort" praktisch nichts zu meckern. Er gibt der Figur des Friedemann Berg neue Tiefe.