Geboren, um wild zu sein

1500 rote Locken gegen die Schwerkraft: In „Merida – Legende der Highlands” konzentriert Pixar sich erstmals auf eine weibliche Heldin
Michael Stadler |
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Die roten Locken lassen sich nicht bändigen, auch in dem Kopf umschließenden Prinzesinnen-Kostüm nicht, das Merida, die Heldin des neuen Pixar-Films, tragen muss. Eine Locke schaut heraus, während sie auf der Empore mit ihren Eltern sitzt, und dann ist sie plötzlich verschwunden, während unten ein Wettbewerb stattfindet, dessen Waffen sie geschickt selbst bestimmt hat. Der beste Bogenschütze soll Meridas Hand gewinnen, und plötzlich steht neben drei Söhnen verschiedener Clans ein vierter Teilnehmer vor den Zielscheiben, eine Gestalt im Kapuzenmantel. Und Merida nimmt die Kapuze ab, das rote Haar wallt, leuchtet im Sonnenlicht. Sie schießt: präzise.

Ein Moment der Selbstbehauptung, über die Traditionen, den Willen der Mutter hinweg, und Meridas dritter Schuss dringt auch in die Filmgeschichte ein, wo schon Robin Hood den Pfeil seines Gegners mit einem Pfeil zerteilte. Aber es ist nun eine Sie, die trifft. Am wichtigsten aber, am herausfordendsten, am bezeichnendsten sind diese roten Locken. Allein sie erzählen viel über Pixar, die in ihrem 13. Animationsfilm, nach dem zweiten, überdreht-mauen „Cars”-Teil wieder neues Terrain erforschen; nicht nur, weil „Brave”, so der Originaltitel, in den schottischen Highlands spielt, sondern weil gerade Meridas Haare ein Animations-Novum sind, so kompliziert zu beleben, dass sie ein eigenes, experimentierfreudiges Forscherteam erforderten.

Drei Jahre dauerte es, bis ein neues Haar-Computer-Programm entwickelt wurde. Man entdeckte, dass die 1500 Locken für den besten optischen Effekt eine wesentlich geringere Schwerkraft haben mussten als der restliche Körper. Ein physikalischer Zaubertrick für eine Pracht, die dem Wildfang charakteristisch steht. Der Zweck, das ist bei Pixar das Geschichtenerzählen, und er heiligt jeden Aufwand. Die 3D-Animationen schießen dabei fulminant in die Augen, schon die Eingangssequenz lässt die Highlands realer als real erscheinen. Und dann ist man doch überrascht, dass der Film von Mark Andrews und Brenda Chapman sich als kindgerechtes Märchen erweist, nicht übermäßig smart, angelehnt an schottische Mythen. Merida trickst einmal zu viel, und während ihre auf Formen bedachte Mutter eine ganz eigene Begegnung mit der Natur des Wilden macht, sich transformieren muss, lernt Merida den Wert der Tradition zu schätzen.

Das Drama, das Gefühl steckt in der Tochter-Mutter-Geschichte – wer das Sagen hat, das ist die Frage. Auch in Sachen Geschlechterrollen und weiblicher Perspektive schreitet Pixar also voran, mit Witz und Charme und stolz wehenden Locken.

Kino: Cinema, Museum Lichtspiele (OV), CinemaxX, Mathäser, Münchner Freiheit, Royal
R: Mark Andrews, Brenda Chapman (USA, 100 Min.)

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