Gassi mit Rilke und Nietzsche

Ziemlich Schräges im Opern-Pavillon auf dem Marstallplatz: Katarzyna Kozyras Videoprojekt „In Art Things Come True“
von  Abendzeitung

Ziemlich Schräges im Opern-Pavillon auf dem Marstallplatz: Katarzyna Kozyras Videoprojekt „In Art Things Come True“

Jeder Mensch ist ein Künstler, behauptete einst Joseph Beuys. Die meisten Menschen lassen es bleiben, wofür wir Feuilletonisten echt dankbar sind. Der Polin Katarzyna Kozyra genügten die studierte Bildhauerei und das praktizierte Performen samt Videos nicht: Sie nahm Gesangsunterricht, um endlich Cherubinos „Voi che sapete“ aus Mozarts „Le nozze di Figaro“ darbieten zu können.

Für den erhofften Auftritt in der New Yorker Metropolitan Opera reichte es nicht. Wenn wir eines der bei Kozyras Bemühungen entstandenen Videos recht deuten, motivierte ihre Vision des amerikanischen Traums „Du kannst es schaffen“ immerhin ihren Gesangslehrer zu Ballettübungen, die so ungelenk sind wie Kozyras Gesang.

Unappetitliche Seiten des Kastratengesangs

Als Opernexperte wundert man sich ein wenig, dass sich Quereinsteiger vor allem an den schrillen Seiten des Musiktheaters erfreuen. Die Berliner Drag Queen Gloria Viagra half der Künstlerin bei der Entdeckung ihrer Weiblichkeit und dem Verkleiden. Auch die unappetitlichen Seiten des Kastratengesangs wurden in einem der Kurzfilme des Projekts „In Art Dreams Come True“ munter ausgekostet.

Allerdings hat Kozyra mehr Humor, als unter den meist verbissen ernsten Performern üblich ist. Das Video, in dem die Künstlerin als Lou Salomé den Denker Friedrich Nietzsche und den Lyriker Rainer Maria Rilke als nicht ganz wohlerzogene Hunde Gassi führt, ist fast so genial wie das berühmte Philosophenfußballspiel von Monty Python. Und noch eine gute Nachricht: Der Pavillon 21 MINI Opera Space der Staatsoper, wo diese Filme gezeigt wurden, gehört in diesen Tagen zu den kühleren Orten Münchens.

Robert Braunmüller

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