Für ein warmes Essen

Waldemar Hartmann erklärt, warum sein Fußballtalk ab heute aus Leipzig kommt und lässt durchblicken, dass sich der Riss zwischen ihm und seinem Heimatsender nicht mehr kitten lässt
Jens Szameit |
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So ist er, der Bayer. Im Freistaat daheim, in der Welt zu Hause. Sogar vor den Sachsen schreckt er nicht zurück. Dass sich Waldemar Hartmann mit seinem bierseligen ARD-Fußball-Talk „Waldis Club” zum heutigen Bundesligastart am heutigen Freitag Punkt 22.45 Uhr aus Leipzig meldet, ist dann aber doch mehr als eine Randnotiz.

AZ: Herr Hartmann, was verschlägt einen Ur-Bayern wie Sie nach Sachsen?

WALDEMAR HARTMANN: Zunächst einmal ist der Mietvertrag für das Seehaus im Englischen Garten, aus dem „Waldis Club” gesendet wurde, freundschaftlich ausgelaufen. Der Familie Kuffler war es nicht möglich, alle potenziellen Sendetermine freizuhalten. Ich war also auf der Suche nach einer neuen Location.

In München sind Sie nicht fündig geworden?

Natürlich hätten wir auch in München eine Location gefunden. Es haben auch viele Gastronomen angeklopft. So eine Sendung ist ja Werbung. Aber dann kam ich mit dem MDR ins Gespräch, mit dem ich seit zehn Jahren bei den Boxübertragungen zusammenarbeite. Wir waren 2010 auch zusammen bei den Winterspielen in Vancouver. Da habe ich zum ersten Mal das trimediale Arbeiten kennengelernt.

Tri-was?

Das bedeutet: Fernsehen, Hörfunk und Internet liegen redaktionell in einer Hand. Beim MDR waren sie die Ersten, die das im ARD-Senderverbund eingeführt haben. Ich bin ja schon etwas länger auf der Welt und nutze kein Facebook und kein Twitter. Aber auch ich sehe, dass du in der heutigen Medienlandschaft diese begleitenden Maßnahmen im Internet brauchst, weil die jungen Leute nun mal drauf abfahren. Da ist der MDR ganz weit vorne.

Der BR hat Ihnen das demnach nicht geboten?

Sehen Sie: Das ist jetzt die 50-Euro-Frage, und ich nehme alle drei Joker.

Ein neues Kapitel Ihrer schwierigen Beziehung zu ihrem Heimatsender?

Es ist ja kein Geheimnis, dass ich mit dem Fernsehdirektor des BR kein besonders kollegiales Verhältnis pflege. Gerhard Fuchs hat mich 2009 aus dem BR-„Sonntags-Stammtisch” mit einer fadenscheinigen Begründung ausladen lassen. Da wusste ich, das geht so nicht weiter.

Aber „Waldis Club” lief doch immer mit großem Erfolg.

Hartmann: Dazu nur eine Geschichte: Bei der EM 2008 hatten wir nach dem Deutschlandspiel gegen Portugal alleine im BR-Sendegebiet einen Marktanteil von 49,1 Prozent. So viel hatte noch keine Papst-Übertragung. Wenn du dann von deinem Direktor nichts hörst und wenn du von deinem Intendanten nichts hörst, dann fragst du dich doch: In welcher Schublade liege ich hier eigentlich?

Und dann fragt man sich auch, warum man dort gelandet ist ...

Das hat sicher viel damit zu tun, dass der Prophet im eigenen Land nichts zählt. Deshalb gibt mir das einen neuen Kick, wenn ich sehe, wie beim MDR alle machen und tun.

Gibt's keine sächsischen Berührungsängste mit dem Moderator aus Bayern?

Nein, im Gegenteil! Das ist ja eine weiße Landkarte da drüben ohne Erstligaklub!Wir machen den ersten Farbklecks drauf! Der Witz ist ja auch, dass wir aus dem „Bayerischen Bahnhof” senden.

Ein Hotel?

Nein, das ist ein stillgelegter Bahnhof, auf dem früher die Züge Richtung Bayern fuhren. Den hat ein Gastronom aus Weißenburg restauriert. Die Ironie schlägt zu: Die Adresse ist Bayerischer Platz 1. Ich kann also mit Kerkeling sagen: Ich bin dann mal weg, aber nicht so ganz.

Dachten Sie jemals daran, die Brocken hinzuschmeißen?

Die Brocken hinschmeißen – das ist schnell gesagt. Ich bin Freiberufler. Wenn ich den „Club” nicht mache, fehlt mir diese Einnahmequelle. Und wenn die ARD Boxen aus dem Programm nimmt, muss ich meiner Frau sagen, dass wir das zweite warme Essen streichen müssen.

Kann von Ihnen lernen, dass man nur mit Humor und Ironie unbeschadet durch eine Fernsehkarriere kommt?

Absolut. Ich bin ja vom Feuilleton jahrelang verprügelt worden. Außer damals bei Völlers Weißbierwutrede, da war's plötzlich eine Sternstunde, obwohl ich nur meinen Job machte. Ich spielte nie eine Rolle und veränderte nie meinen Stil. So etwas führt zwar zu einer hohen Ablehnungsquote. Aber ich sagte mir: Wenn jemand mit dem kleinen Dicken aus Bayern nix anfangen kann – da gibt's einen Knopf auf der Fernbedienung!

Haben Sie Pläne für die Zeit nach dem Fernsehen?

Da hat mir Harald Schmidt eine gute Weisheit mit auf den Weg gegeben: Wenn ihn einer fragt, wie lange er seine Sendung noch machen will, antwortet er immer: „So lange, bis sie überhaupt keiner mehr sehen will – und dann noch zehn Jahre.”

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