Frühlingsfrisch aus der Badewanne
Der junge Pianist Kit Armstrong mit Mozarts „Jeunehomme“-Konzert im Prinzregententheater.
Alfred Brendels freundliches Wort von der „größten musikalischen Begabung“, der er in seinem Leben begegnet sei, schwebt drohend über jedem Auftritt dieses 18-jährigen Pianisten. Und dann spielt er auch noch Mozarts „Jeunehomme“-Konzert, mit dem sich der Altmeister im Dezember 2008 aus dem Musikleben verabschiedete. Das ist ziemlich mutig.
Tatsächlich erinnert Armstrongs Mozart in seiner Klarheit und unangestrengten Leichtigkeit an den späten Brendel. Er spielte ausgewogen, aber nie neutral. Den sprechenden Charakter der Musik verleugnete er nicht, ohne im Stil der historischen Aufführungspraxis gleich rhetorisch zu übertreiben. Die Gefühlstiefe des zweiten Satzes kam prächtig heraus. Armstrong stürzte sich mit gewaltigem Furor ins Rondo-Finale und widerlegte mit großem Engagement das Gerede von den schier endlos himmlischen Längen, die dieser Satz nach dem Zeugnis vieler Mozart-Bücher haben soll.
Armstrongs Schubert-Zugabe wirkte gekünstelt. Sein einnehmendes Mozart-Spiel aber passte sehr gut zum frischen Traditionalismus, wie ihn das Kammerorchester des BR-Symphonieorchesters unter dem Konzertmeister Radoslaw Szulc pflegt.
Die einleitende Kassation KV 99 gelang ihnen knackig und frühlingshaft. Angesichts der vielen schönen Symphonien der Wiener Klassik scheint es allerdings überflüssig, Dvoráks „Amerikanisches Quartett“ für Streichorchesterbearbeitung aufzublasen. Es klingt, als sei die Taschenpartitur in die Badewanne gefallen und dort aufgequollen.
Robert Braunmüller
Kit Armstrong gibt am 23. November einen Klavierabend im Herkulessaal (Hörtnagel)