Friede, Freude, Weihnachtsmann

Versöhnung kann nicht schöner sein! Mit Take That ist Robbie Williams wieder glücklich, ein bisschen solo darf er trotzdem – und wenn alle brav sind, gibt’s heute im Olympiastadion fette Geschenke
von  Linda Heinrichkeit

Müsste man den Popstar der Moderne definieren, Robbie Willimas wäre das Paradebeispiel. Mit 15 Jahren gewann er bei einem Casting den Platz in einer Boyband, fünf Jahre später musste er sie wieder verlassen, nach millionenfachen Plattenverkäufen, der Mann mit den Alkohol- und Drogenexzessen passte nicht in die designten Teenieträume der Plattenindustrie.
Doch die Solokarriere machte ihn noch größer. Der heute 37-jährige Williams schloss einen Plattenvertrag über 80 Millionen Pfund ab, gewann weltweit 339 Mal Platin, wurde clean und trocken, heiratete und plante Babys.

Vergangenes Jahr ist Robbie Williams zu Take That zurückgekehrt, nach Jahren der gegenseitigen Anfeindungen. Das ausverkaufte Olympiastadion ist heute der Schlusspunkt einer erfolgreichen Europatournee. „Es ist ein mythisches Popexperiment, das es nur einmal im Leben gibt”, schrieb der Londoner „Guardian”. Und Tim Relf von der britischen „GQ” ließ sich, obwohl er Take That nie mochte, nach einem der Konzerte im Wembley Stadion zu dem Lob hinreißen: „Es war wie Weihnachten: schmalzig, künstlich, übertrieben, aber eine der besten Zeiten des Jahres.”

Acht Mal spielten Robbie Williams, Gary Barlow, Mark Owen, Jason Orange und Howard Donald im Londoner Stadion — jeweils vor 86000 Menschen. Weitere acht Konzerte waren es in Manchester, vier in Sunderland, drei in Glasgow. 1,6 Millionen Briten sahen diese „Wiedervereinigungstour”. Mit der gleichen Anzahl von Eintrittskarten landete Robbie Williams 2006 im Guinness Buch der Rekorde, als er so viele Tickets an einem Tag verkaufte und das Münchner Olympiastadion drei Mal hintereinander füllte.

Robert Peter Williams wurde in Stoke-on-Trent geboren, einer Stadt im Westen Englands. Seine Mutter besaß einen Pub. Dort trat er schon als Junge auf und unterhielt die Gäste. Sie war es, die ihn zum Casting anmeldete. Und während er über sich selbst sagt, er sei krank und habe einen Dachschaden, sprach er in einem „Spiegel”-Interview über seine Mutter: „Eltern sind einfach wunderbar.”
2000 gründete Williams von der Drei-Millionen-Dollar-Gage, die er für eine Pepsi-Werbekampagne bekam, „Give it Sum”. Die Hilfsorganisation unterstützt alleinerziehende Mütter, Kinder aus armen Familien und Heimatlose. Über sein wohltätiges Engagement redet er nicht oft.

Viele wähnten Williams in seinen Absturzphasen am Rand des Drogentods, aber er kam nach zahlreichen Klinikaufenthalten immer wieder zurück. Und fand ein ganz neues Publikum. Nur sein Plan, die USA zu erobern, scheiterte: Die Hommage an seine Vorbilder Frank Sinatra und Dean Martin „Swing when your’re winning” verkaufte sich zwar weltweit sieben Millionen Mal, wurde aber in den USA gar nicht veröffentlicht. Insgesamt verkaufte Williams rund 68 Millionen Tonträger.

Nach dem Ruhm kam die Ruhe und die Reue: Versöhnung mit Take That. Robbie Williams, der schon seit Jahren mit seiner Frau Ayda Field und seinen Hunden als quasi unbekannt in den USA wohnt, erklärte, dass er psychisch keine Solotournee mehr durchstehen würde. So war der Schulterschluss mit den alten Mitstreitern der einzige Weg zurück ins Musikgeschäft.

2010 erschien die Single „Shame”, in der Gary Barlow und Robbie über ihre früheren Differenzen frozzeln: „Es gibt drei Versionen dieser Geschichte: deine, meine und die Wahrheit”, sind die ersten Textzeilen. Das Video zum Lied grenzt an eine Schwulenparodie, in der sich die beiden näher kommen.

Nach der Trennung Take Thats war vertraglich geregelt, dass der heute 40-jährige Barlow zuerst ein Album veröffentlichen müsse, bevor Williams seine Solo-Karriere beginnen dürfe. Nun ist vertraglich festgelegt, dass Robbie 40 Minuten des Konzerts alleine auf der Bühne steht, mit seinen eigenen Hits. Erst singen die vier ohne ihn, dann er alleine und schließlich folgt die Vereinigung auf der Bühne, 90er Jahre-Gefühl mit „Never forget” und „Relight my fire”.

Das Konzert heute wird ein riesiges Spektakel. Zu „Kidz” kämpfen Schachfiguren miteinander, unterhnen Barlow und Williams. Die Breakdancer Jason Orange und Howard Donald dürfen wieder tanzen, die überdimensionale menschliche Figur „Om” schwebt über und auf der Bühne und trägt die fünf Männer auch mal auf Händen. Selbst die Pet Shop Boys sind sich nicht zu schade, als Vorprogramm mitzuwirken. Nach München erwartet Robbie das wahre Leben: Er möchte mit seiner Frau Ayda Field die Flitterwochen nachholen und seine nächste Tour als Vater bestreiten.

Olympiastadion, heute 20 Uhr, restliche Stehplätze an der Abendkasse

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.