Fitness aus dem Eisfach
BR-„Freizeit“-Moderator Schmidt Max macht in Badehose Urlaub – bei minus 110 Grad. Die AZ hat den Münchner in die therapeutische Tiefkühltruhe begleitet
Noch zweieinhalb Minuten. Geht es Ihnen gut?“, säuselt Isabella über die Gegensprechanlage. Seit 30 Sekunden laufe ich im Kreis. In einem holzgetäfelten Raum, zwei mal drei Meter groß. Bei Minus 110 Grad – im Bikini! Nur Stirnband, Handschuhe und Schuhe schützen ein paar ausgewählte Stellen. Eingebrockt hat mir das frostige Erlebnis der Schmidt Max. Der Moderator des BR-Magazins „Freizeit“ probiert seit sechs Jahren immer wieder die außergewöhnlichsten Dinge aus. Diesmal macht er Urlaub bei minus110 Grad und die AZ hat ihn begleitet.
„Geht es Ihnen gut?“, fragt Isabella noch mal. Über einen Monitor überwacht sie das Experiment. Mir ging es schon besser. Zum Beispiel, wenn ich mir keine Gedanken darüber machen musste, ob ich beim nächsten Atemzug genug Luft in die Lungen bekomme, um eine weitere Runde in der Eiskammer zu bestehen. Ich soll flach atmen, hat Isabella gesagt. Aber leider nicht, wie das gehen soll. Über zwei Schleusenkammern mit minus 15 und minus 65 Grad gelangt man in die mit minus 110 Grad. Und schon in der zweiten Kammer pralle ich mit meinem Mundschutz auf eine Kältewand, die mir den Atem nimmt.
Ich nicke Isabella trotzdem zu. Zu sprechen traue ich mich nicht. Immerhin: Mit jedem Atemzug wird die Angst vor dem Erstickungstod schwächer. Ich bin abgelenkt von den tausenden kleinen unsichtbaren Nadeln, die mich plötzlich pieksen.
Das Ganze nennt sich Cryo-therapie. Der Kälteschock bei minus 110 Grad hilft laut Therapeuten bei chronischen Schmerzen und Hautkrankheiten. Spitzensportler schwören auch auf die leistungssteigernde Wirkung der Kälte. Die deutschen Olympioniken hatten in Peking eine mobile Kältekammer dabei. Und der Fußball-Bundesligist Bayer Leverkusen bestellte für seine Profis gerade eine eigene therapeutische Tiefkühltruhe.
Bis vor kurzem gab es Kältekammern nur in Kliniken und auf Rezept. In Seefeld in Tirol bietet das AlpenMedHotel Lamm in seinem neuen Wellness-Bereich jetzt die erste Cryotherapie für Urlauber an. Drei Minuten Schockfrosten sind enorm gesund. „Und sieben tödlich“, machte mir der Schmidt Max gleich bei meiner Ankunft schon mal Mut.
AZ-Redakteurin mit Überlebensfreude
„Noch zwei Minuten!“, flötet Isabella. Mit jeder Runde, die ich drehe, pieksen die unsichtbaren Nadeln etwas tiefer in die Haut. Minus 110 Grad, so kalt ist es nirgends auf der Erde. Der Schmidt Max selbst hat das Abenteuer noch vor sich. „Gar nicht blöd von ihm, erst einmal die AZ-Reporterin vorzuschicken“, denke ich, während sich die Kälte wie eine brennende Hülle auf meinen Körper legt.
Seit sechs Jahren erlebt Schmidt Dinge, die sich die „Freizeit“-Redakteure Herbert Stiglmaier und Frank Meißner für ihn ausdenken. Schafkopfen hat er gelernt und Nordic-Walking. Aber auch Helikopter-Fliegen und Schwimm-Wandern musste der 41-jährige Münchner schon. Das Schockfrosten in Seefeld geht auf Stiglmaiers Konto. In einem kleinen Artikel las er, dass in der Seefelder Kältekammer ein Marsanzug getestet wurde. Also testet er jetzt eben den Schmidt Max auf seine Kälte-Tauglichkeit. Der hat bislang noch alles mitgemacht für das „Freizeit“-Magazin, das im wöchentlichen Wechsel mit „Bergauf-Bergab“ donnerstags um 21.15 Uhr läuft. Und schafft damit, was kaum einer anderen BR-Sendung gelingt: Das Durchschnittsalter der Zuschauer liegt deutlich unter 60 Jahren.
„Noch eine Minute!“, sagt Isabella aufmunternd. Die Sekunden gefrieren zu Eisstückchen. Ich friere nicht, denn die Luftfeuchtigkeit in der Kammer ist nahezu null. Ich bin gefroren und versuche an den Satz zu denken, den sich der Schmidt Max immer in schwierigen Situationen sagt: „Egal, was passiert, auch heute Abend gehe ich ins Bett und schlafe ein.“ Und die Heizung stelle ich auf 30 Grad!
Schmidt wird erst später in die Kältekammer gehen. Nicht, weil das BR-Team erst einmal alle anderen Szenen im Kasten haben will. Vor dem Gang in die Kältekammer steht eine umfangreiche Untersuchung samt Blutbild an. Denn nicht jeder ist geeignet. Bei Bluthochdruck oder akuten Infekten verbietet der Arzt die Anwendung. Schmidt erlebt seine Abenteuer so wie sie auch jeder andere ohne Kamera erleben könnte. Er zeigt auch, wenn er leidet. „Ich will wirklich nicht der Besserwisser aus dem Fernsehen sein“, sagt er noch, bevor Isabella ihn abholt, um mit ihm auf dem Seefelder Pfarrhügel Koordinationsübungen zu machen. „Denn zur Cryotherapie gehört auch sportliche Betätigung“, erklärt sie.
„Noch zehn Sekunden!“ Die letzte Minute gleicht einer Ewigkeit, noch eine Runde, noch eine – meine Beine laufen mittlerweile automatisch im Kreis. Dann der erlösende Satz: „Drei Minuten sind um.“ Knallrot ist die Haut als ich draußen ankomme. Sie brennt noch immer. Den Bademantel, den Isabella mir umlegt, spüre ich kaum. Und trotzdem fühle ich mich gut. Sind das die Glückshormone, von denen der Arzt bei der Voruntersuchung gesprochen hat? Oder reine Überlebensfreude? Ich bin jedenfalls hellwach und sage mir in meiner Euphorie: Das könnte ich nochmal machen. Dem Schmidt Max sage ich das nicht. Der steht jetzt in seiner Badehose da, mit einer Kamera in der Hand. Und Sekunde für Sekunde zeigt heute das „Freizeit“-Magazin seine drei Minuten in der großen Kälte.
Angelika Kahl
„Freizeit“, BR, heute, 21.15 Uhr
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