"Everybody's Fine": Schöner Schein einer Familie

"Everybody’s Fine“ mit Robert De Niro als einsamer Familienmann.
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"Everybody’s Fine“ mit Robert De Niro als einsamer Familienmann.

Der britische Autor-Regisseur Kirk Jones („Lang lebe Ned Devine“) versteht sich auf humorvolle Geschichten, die ganz nebenbei grundsätzliche Fragen unseres Zusammenlebens aufwerfen. In seinem feinfühligen Drama „Everybody's Fine“ spielt Robert De Niro einen einsamen Vater. Seit dem Tod seiner Frau hat Frank, Fernmeldetechniker im Ruhestand, seine vier erwachsenen Kinder kaum noch gesehen. Als ein großes Wiedersehen nach der Beerdigung ins Wasser fällt, beschließt der gesundheitlich angegriffene Frank, sich selbst mit Bus und Bahn aufzumachen, um seine verstreut in den USA lebenden Kinder zu besuchen.

Während die Telefondrähte am Rande der Bahnstrecke zur Metapher eines Kommunikationsdefizits werden, baut sich dank De Niro viel Empathie für den Vater auf, der mehr nachholen möchte, als er kann. Dass auf dieser Reise vieles aus den Fugen gerät, große Erwartungen enttäuscht werden und Frank nur knapp dem Tod entrinnt, klingt dramatischer, als es inszeniert ist. Jones‘ Erzählweise ist zurückhaltend, fast ehrfürchtig bei der Beobachtung der Familienmitglieder, die sich gegenseitig nur Gutes wollen und dabei das Vertrauen, das sie über Tausende von Meilen zusammenhält, aufs Spiel setzen.

„Everybody's Fine“ ist in diesem Zusammenhang mehr als eine Floskel: Sie wird zum Dreh- und Angelpunkt bei der Beantwortung der Frage, wie die Vorstellungen von Eltern über den Lebensweg ihrer Kinder mit deren Entscheidungen zusammenpassen. Und Frank muss erkennen, dass keines seiner Kinder so glücklich ist, wie es ihm gegenüber behauptet. Ob er nun über das Anwesen der als Werbekauffrau erfolgreichen Tochter Amy (Kate Beckinsale) staunt, Robert (Sam Rockwell) an seinem Arbeitsplatz im großen Konzerthaus besucht oder von Rosie (Drew Barrymore) in einem stylishen Appartment in Las Vegas empfangen wird, wo sie vorgibt, als Tänzerin ihren Traum zu leben: Schnell stellt sich heraus, dass die Kinder ihrem Vater etwas vorgaukeln, damit er weiter an den schönen Schein glauben kann.

Als schließlich die wahren Hintergründe über die Absage des geplanten Familientreffens zur Sprache kommen, die mit dem Schicksal des zweiten Sohns David (Austin Lysy) zusammenhängen, bricht das Familienbild des gewissenhaften Vaters in sich zusammen. Der Film spielt auch mit Klischees und allgemeingültigen Weisheiten über Eltern, die nur das Beste für ihre Kinder wollen, dabei aber einen Erwartungsdruck aufbauen, der eher hemmt als motiviert. Er handelt von der Kollision von Weltbildern, die insbesondere in klassischen Arbeiterhaushalten vermutet werden, wo Väter wie Frank hart dafür arbeiten, dass es ihre Kinder einmal besser haben sollen. Dass dadurch Lebenslügen befördert werden, führt das Drama eindrücklich vor Augen führt. Es ist jedoch dem Optimismus von Filmemacher Jones zu verdanken, dass zusammengebrochene Weltbilder auch wieder zusammengesetzt werden können, ohne den Anschein eines konstruierten Happy Ends zu erwecken.

Leif Kramp

Kino: Cadillac, Mathäser, Museum Lichtspiele in OV, R & B: Kirk Jones K: Henry Braham (USA, 99 Min.)

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