Erster Kuss, erster Suff, erster Herzensbruch

Einmal Fan immer Fan: AC/DC kommt mit CD und Tour zurück. AZ-Redakteur Matthias Kerber über die jahrelange Verbundenheit mit den australischen Hardrockern.
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Einmal Fan immer Fan: AC/DC kommt mit CD und Tour zurück. AZ-Redakteur Matthias Kerber über die jahrelange Verbundenheit mit den australischen Hardrockern.

Es war 1980, Sommerferien in Tirol. Das Radio lief. Und da war sie: Die Erleuchtung, auf die mein 11-jähriger Geist, der bis dahin unter Musik Dinge wie Dieter Thomas Hecks Hitparade subsumiert hatte, gewartet hatte. Aus dem Äther erschallten die Glockenschläge mit dem hypnotischen Riff von „Hells Bells“. Dazu diese Schneidbrenner-Stimme, die sofort für Gänsehaut sorgte.

Kaum war der Song beendet, sprach der Radio-Moderator von „AC/DC, der härtesten Band der Welt“, und dem Song, der eine Hommage an den verstorbenen Ur-Sänger Bon Scott gewesen sei.

Höllenglocken für einen Sänger? Die kindliche Fantasie war simultan mit den Gehörgängen erregt. Es war der Beginn einer lebenslangen Obsession, es war eine Liebesheirat. Die erste Kassette (ja, die gab es damals noch), die ich mir kaufte, war „Let There Be Rock“. Der erste Kuss („Love Song“), der erste Suff („Highway To Hell“), der erste Herzensbruch („Ride On“), bei allem spielten AC/DC ihre Rolle. Es gab in dieser Musik-Ehe Zeiten, da trauerte man dem Verflossenen hinterher, idolisierte Scott, den Gossenpoeten, der mit seiner lasziv-dreckigen Stimme Zweideutigkeiten in Worte formte. Da hört man auch mal fremd.

Mit AC/DC begann meine Liebe für die englische Sprache, denn ich wollte verstehen, was Scott meinte, wenn er den Song „The Jack“ über ein Pokerspiel umdichtete und live vom anderen „Jack“, dem Tripper, sang. Und Bon, der 1980 im Vollsuff an seinem eigenen Erbrochenen erstickte, verschaffte mir post mortal eines der größten Glücksgefühle überhaupt. Von einem Freund, mit dem man zusammen in einer Gagagen-Band jammte, bekam ich ein Original-Autogramm der gesamten Band noch mit Bon Scott geschenkt. Er hatte zwei Jahre vor mir die Welt der simplen Riffs erhört und die Band in München nach einen Konzert getroffen.

Der genetische Code besteht aus A, C, D und wieder C

Noch heute hat diese Trophäe einen Ehrenplatz. Zu gut, um aufgehängt und anderen gezeigt zu werden. Denn sie steht für all die Emotionen, die kleinen und großen Tragödien. AC/DC-Fan zu sein, war ein Statement. Man stand zu sich selbst. Anders als Kiss, die andere Vier-Buchstaben-Band der damaligen Zeit, die sich hinter Image, Show-Gimmicks und Make-up versteckten, konzentrieren sich AC/DC auf die Essenz. Sich selbst. Doch AC/DC-Fan zu sein, hieß auch Außenseiter sein. Zum Beispiel in den 90ern, als Glam-Klamotten, Haarspray-Frisuren wie Poison oder Mötley Crüe die Rockwelt beherrschten und Wave in war.

28 Jahre, was für eine Zeit. Klar, auch in dieser Ehe war nicht alles Platin(-Platte), was glänzt. Zu schwach waren Scheiben wie „Flick Of The Switch“ oder „Blow Up Your Video“. Doch auch in schlechten Songs hielt man sich die Treue.

Denn AC/DC ist ein Teil von einem. Der Teil, der sich – wie die Musik der Australier – nie verändert. Tief in sich weiß man, dass die Genstruktur nicht aus X und Y besteht, sondern aus A, C, D und wieder C.

Matthias Kerber

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