Erol Sander: „Ich bin ein Vollblut-Bayer“
Erol Sander kam mit vier Jahren nach München. Am Donnerstag ermittelt der 40-Jährige für die ARD in seiner Geburtsstadt Istanbul. Der Schauspieler über Heimat, Bayern und Vaterfreuden
Den Auftakt zur Krimireihe „Mordkommission Istanbul“ haben im Herbst 2008 fast sechs Millionen Zuschauer gesehen. Während Erol Sander am Donnerstag in „Mord am Bosporus“ zum zweiten Mal in der ARD ermittelt, steht er als Hauptkommissar Mehmet Özakin in Istanbul bereits für den dritten Fall vor der Kamera.
AZ: Herr Sander, wie ist es für Sie in Istanbul, Ihrer Geburtsstadt, zu drehen?
EROL SANDER: Meine Heimat ist München, da bin ich aufgewachsen. Istanbul habe ich nie wirklich erleben dürfen. „Mordkommission Istanbul“ gibt mir nun die Möglichkeit, diese Stadt zu entdecken.
Haben Sie früher nicht in der Türkei Urlaub gemacht?
Schon, aber in Istanbul waren wir immer nur kurz. Das waren kulinarische Begegnungen mit den Verwandten. Dann sind wir sofort in den Süden gefahren und haben dort Urlaub gemacht.
"Unsere erste Wohnung war dreieinhalb auf vier Meter groß"
Können Sie noch Türkisch?
Ein bisschen, ich bin mit vier Jahren nach München gekommen. Ich spreche besser Französisch, Englisch und Bairisch.
Als echter Bayer eben?
Ich bin im Chiemgau aufgewachsen, habe später in Schwabing gewohnt. Ich bin also ein Vollblut-Oberbayer.
Wie haben Sie als Kind Ihre Ankunft in Bayern erlebt?
Das war eine gute Zeit. Ich erinnere mich, dass meine Mutter im Aldi einen Einkaufswagen mit Schokolade vollgepackt hat. Für einen Vierjährigen, der noch nie so viel Schokolade bekommen hat, war das ein Erlebnis.
"Als Kind habe ich abwechselnd zum lieben Gott und zu Allah gebetet"
Die erste Zeit in Deutschland war aber nicht gerade geprägt vom Luxus, oder?
Absolut nicht. Unsere erste Wohnung war dreieinhalb auf vier Meter groß. Aber ich glaube, Kinder mit vier, fünf Jahren sind wie Unkraut, die passen sich den äußeren Umständen an und vermissen gar nichts. Als ich acht, neun Jahre alt war, hat mich meine Mutter dann in ein Klosterinternat geschickt, weil sie den ganzen Tag gearbeitet hat.
Das heißt, Sie wurden katholisch erzogen?
Die Religion hat damals für mich tatsächlich eine sehr große Rolle gespielt. Ich war sogar zwei Jahre Ministrant, obwohl ich als Moslem geboren wurde. Ich habe damals abwechselnd zum lieben Gott und zu Allah gebetet, damit sich keiner der beiden benachteiligt fühlt. Auch heute glaube ich an Gott, aber nicht an eine bestimmte Religion.
Spricht Sie heute noch jemand mit Ihrem richtigen Namen Urçun Salihoglu an?
Ja, aber Urçun nennen mich nur Leute aus meinem intimsten Familienkreis. Bereits im Internat hatte ich Spitznamen, da mein Name so komplziert war. Weil ich in der Fußballmannschaft war, hieß ich Uwe – nach Uwe Seeler. Sie drehen in Istanbul gerade Ihren dritten Fall.
Ist Ihre Familie eigentlich dabei?
Ja, das ist mir ganz wichtig. Ein Kind ist eine große Verantwortung und braucht schließlich Vater und Mutter. Bis Marlon sechs Jahre alt war, konnte meine Frau überall mit mir hinreisen. Jetzt geht er in die zweite Klasse, und sie kommen nur noch in den Ferien.
Im Frühjahr bekommen Sie einen zweiten Sohn. Herzlichen Glückwunsch.
Vielen Dank. Wir haben ganz bewusst gesagt, wenn Marlon in die Schule kommt, sind wir für ein zweites Kind bereit.
Wenn man wie Sie in der Kindheit einiges entbehren musste, verwöhnt man dann das eigene Kind besonders?
Ich bin ohne Vater aufgewachsen und habe einen Vater sehr vermisst. Deshalb weiß ich aber auch, wie man sich als Kind einen Vater vorstellt und wünscht. Ich selbst hatte drei Matchbox-Autos bis ich zehn Jahre alt war, mein Sohn hat mehr. Wenn wir heute in einen Spielzeugladen gehen, hole ich auch ein bisschen meine eigene Kindheit nach. Wir machen unseren Einkaufswagen dann immer aus Spaß ganz voll. Dann gebe ich dem Verkäufer fünf Euro, der die ganzen Sachen wieder einräumen muss. Denn Marlon darf sich an der Kasse nur zwei Sachen aussuchen. Man muss da ja so ein bisschen Vernunft hinein bringen.
Sie haben jede Menge Verehrerinnen. Muss sich Ihre Frau schon mal Sorgen machen?
Nein, wir sind glücklich verheiratet. Und mit unserer Heirat haben wir uns entschieden, für immer zusammenzubleiben.
Angelika Kahl
„Mord am Bosporus“, ARD, Donnerstag, 5. November, 20.15 Uhr
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