Eötvös und Vitello tonnato

Blind Date im Brenner vor Kent Naganos Bruckner beim Akademiekonzert im Nationaltheater
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Blind Date im Brenner vor Kent Naganos Bruckner beim Akademiekonzert im Nationaltheater

Es ist recht fad, allein in die Oper oder ins Konzert zu gehen. Für Einzelgänger und München-Neulinge hat die Staatsoper neuerdings außer musikalischen Genüssen auch nette Gesprächspartner nebst einem Abendessen im Angebot. Falls der Redefluss stocken sollte, springt ein Mitarbeiter des Hauses mit Kulissengeflüster und Hintergrundinformationen ein.

Am Montag traf sich ein gutes Dutzend Neugieriger zum Blind Date im Brenner hinter dem Nationaltheater. Zu zweit Gekommene überwogen, darunter eine Mutter mit Tochter in der gymnasialen Oberstufe. Die Weiblichkeit war deutlich in der Überzahl. Von einem Paar im besten Alter abgesehen, kamen Leute Mitte 30, die sonst bei der Klassik schmerzlich vermisst werden.

Man hat die Wahl

Beim Kennenlernen durfte man nach dem Aperitif zwischen Vitello tonnato und Caprese wählen. Dann ging es hinüber zur Kultur. Mit dem drei Jahre alten Konzert für zwei Klaviere und Orchester von Peter Eötvös konnten die meisten wenig anfangen. In seiner massigen Instrumentierung wirkt es wie ein betonierter Bartók. Die ursprüngliche Fassung für einen an Keyboard und Flügel werkelnden Pianisten schimmert noch durch. Andreas Grau und Götz Schumacher verschmolzen zum Überklavierspieler, durften sich aber keine musikalischen Bälle zuwerfen, wie es einem Duo gemäß wäre.

Bruckners auch nicht eben leichte Siebte fand dank „Après Opera“ neue Fans. Die klassik-erfahrene Hamburgerin bevorzugt allerdings Christian Thielemann als Dirigenten dieser Musik. Bei ihm müsse sie weinen, Kent Nagano dagegen treibe ihr nur drei Tränen ins Auge. Aber das war auch weniger die Absicht des Kaliforniers: Er versöhnte die Freilegung der Nebenstimmen mit dem charaktervollen Klang des Staatsorchesters. Die sonst oft wagnernahe Symphonie wirkte diesmal bodenständig-österreichischer als sonst. Das vorzügliche Tubenquartett verströmte nicht nur Feierlichkeit, sondern verhärtete drohend den Klang, wenn es der Dramaturgie angemessen war.

Im Paket

Hinterher traf man sich zum Entrecôte oder Riesengarnelen sowie einer Auswahl aus zwei Nachspeisen wieder im Brenner. Der Begleiter jener jungen Dame, die von ihrem Büro an der Maximilianstraße in Kent Naganos Dienstzimmer schauen kann, fasste es wohl am besten zusammen: Jüngere Leute ziehen Kultur im Gesamtpaket eines gelungenen Abends vor. Da scheint die Staatsoper mit „Après Opera“ also auf eine Marktlücke gestoßen zu sein.

Robert Braunmüller

Das Essen kostet mit Getränken 37 Euro pro Nase. Infos unter www.bayerische.staatsoper.de

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