Endlose Folter mit der „Figaro“-Ouvertüre

Ohne rechten Biss ging „Intrigo internazionale“ über die Bühne des Opern-Pavillon - zu groß war der Respekt vor Mozart
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Ohne rechten Biss ging „Intrigo internazionale“ über die Bühne des Opern-Pavillon - zu groß war der Respekt vor Mozart

Eben hat sich der Rezensent nach einer ohne Tempo witzelnd dahinplätschernden Dreiviertelstunde notiert, dass zu einem Agentenkrimi eigentlich Spannung gehören müsste, da passiert endlich was: Eine Dame fuchtelt plötzlich mit einer Pistole samt Schalldämpfer herum.

Nach einem Gesetz des Schriftstellers Anton Tschechow hätte die Waffe losgehen müssen, aber das ist in postdramatischen Zeiten ästhetisch und neuerdings auch wegen Lärmschutzes verpönt. Dafür explodierte eine Asiatin in Stöckelschuhen. Sie legte sich in ein Regal, trommelte mit den Füßen und begann mit dem Kontrabassisten eine wilde Rap-Jazz-Improvisation. Wenig später wurde sie vom übrigen Personal auf einem Tisch mit Klebeband fixiert. Die Oboistin folterte sie mit der endlosen Wiederholung der ersten sieben Takte von Mozarts Ouvertüre zu „Le nozze di Figaro“, was immerhin ein älteres Zuschauerpaar aus dem Pavillon 21 Mini Opera Space der Staatsoper am Marstallplatz vertrieb.

Die restliche, vom Regisseur und Autor Johannes Müller zu verantwortende Darbietung brachte Mozarts Oper und das Genre des Agententhrillers über den gemeinsamen Nenner der Intrige nur bemüht blödelnd zusammen. Der Respekt vor dem „Figaro“ war zu groß, die Parodie nicht witzig genug, das Finale mit dem geheimnisvollen Koffer mehr als öde. Die Proben zu „Intrigo internazionale (KV 492)“ waren gewiss sehr lustig, dem Publikum teilte sich das im Ergebnis jedoch nur sehr bedingt mit. Da hat die Architektur des Opern-Pavillons von Wolf D. Prixentschieden mehr Biss.

Robert Braunmüller

Wieder am 9. und 11. Juli 2010, 20 Uhr, am Marstallplatz, Karten 35 Euro

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