Elliot im Wunderland

So enttäuschend wie nie ist der Wettbewerb des Filmfestivals von Cannes. Aber Ang Lee brachte mit „TalkingWoostock“ Nostalgie-Stimmung rein.
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CANNES - So enttäuschend wie nie ist der Wettbewerb des Filmfestivals von Cannes. Aber Ang Lee brachte mit „TalkingWoostock“ Nostalgie-Stimmung rein.

Was ergibt Schönheit plus Schönheit: Quatsch. Es gibt Filme, die beim Festival Cannes gezeigt werden, nur damit es ein medienwirksames Blickfang-Bild vom Roten Teppich gibt. Monica Bellucci, Model, Radikalschauspielerin und Lebensgefährtin von Vincent Cassel, schmiegte sich blitzlichtumflackert intim an das sinnliche Ex-Teenie-Sexsymbol Sophie Marceau.

„Dreh dich nicht um!“ heißt der – selbst von der französisch- patriotischen Presse verrissene – Film um eine Schriftstellerin (Marceau), die merkt, dass in ihr eine andere, zweite Persönlichkeit steckt, auf deren Suche sie sich macht und in der Figur Belluccis findet. Aber Starauftritte müssen für das Image des Festivals sein, jetzt, wo andere es fast im Stich lassen. Vor zehn Jahren brachte Ang Lee mit „Ice Storm“ den jungen Tobey Maguire, Eliah Wood und Christina Ricci nach Cannes, in Venedig präsentierte er „Brokeback Mountain“ mit allen Stars. Für seinen neuen Film „Taking Woodstock“ kreuzte er nur mit Emile Hirsch und dem Komiker Demetri Martin auf. Der Film ist ein weiterer Schritt für den Ex-Taiwan-Chinesen, die US-Psychologie in Zeiten auszuloten, in denen er noch gar nicht in Amerika war. Zum ersten Mal bedient sich Lee dazu einer Komödie um den jungen Elliot Tiber, der fast zufällig als Ko-Veranstalter immer tiefer in eine der größten Legenden der Flower- Power-Zeit verwickelt wird und high durch das Musikereignis Woodstock stolpert wie Elliot im Wunderland aus Sex- und Drogen.

"Das Schwierigste war“, erzählt Ang Lee, „die tausenden jungen Statisten zu casten. Sie mussten dünn sein, aber dabei eben nicht albern durchtrainiert, wie heute üblich.“ Lee ist es gelungen, selbst der kleinsten Nebenrolle eine natürliche, damalige Körpersprache zu geben, die nicht durch coolen Cowboy-Gang und laszives Laufsteg-Gezicke verdorben war. Für Lee ist sein Film wie eine Doku über „drei Tage des Friedens und der Musik, der heiteren Unschuld einer jungen Generation, die Zweifel an der etablierten Gesellschaft hatte“. So ist „Taking Woodstock“ atmosphärisch gelungen, wunderbar anzusehen, aber auch nichts wirklich Neues.

Wie auch der Wettbewerbsbeitrag des Franzosen Jacques Audiard über einen jungen Gefängnisinsassen, der über Gewalterfahrungen zum Großkriminellen wird. Und Johnny To hat mit „Rache“ auch nur den üblichen Mix aus Hongkong-Action-Gewaltballett mit Zeitlupen- Schusswechsel und Italowestern- Coolness wiedergegeben. Jetzt hoffen alle auf Lars von Triers filmische Wiedergeburt nach dessen schwerer Depression. „Antichrist“ ist wegen der angekündigten Sexszenen zwischen Charlotte Gainsbourg und Willem Dafoe schon ungesehen Gesprächsthema Nummer eins in Cannes.

Adrian Prechtel

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