Einweihen in die Geheimnisse der Liebe

Die Operettenfestspiele in Mörbisch starten mit einem gewittrigen „Zarewitsch“ von Lehár
von  Abendzeitung

Die Operettenfestspiele in Mörbisch starten mit einem gewittrigen „Zarewitsch“ von Lehár

Den Wiener Ex-Opern-Boss mag er nicht besonders, so jedenfalls der Eindruck eines heißen Sommerabends, an dem in Mörbisch Lehárs „Zarewitsch" Premiere hatte. Als Seebühnenchef Harald Serafin, vor der Vorstellung fürs Derblecken seiner Ehrengäste verantwortlich, Ioan Holender erblickte, raunzte er in die Mikrofone: „Oh, ein alter Freund, braungebrannt, wie es sich für einen Tennislehrer gehört."

Glückliche TV-Konsumenten. Denn dort konnte man sehen, was am Premierentag einem heftigen Gewitter zum Opfer fiel. Der ORF hatte in weiser Voraussicht die Generalprobe mitgeschnitten. Live hingegen war nach dem ersten Teil die Sache gelaufen. Um Mitternacht warf Prinzipal Serafin dann das nasse Handtuch und sagte den Rest ab. Einen schwachen Trost hatte er dennoch parat: „Ich liebe euch alle", versuchte er zu trösten. Und ein bisschen Feuerwerk spendierte er auch noch.

Würmer für die Ohren und ein Händchen für Sänger

Es war das erste Mal, dass in Mörbisch eine Premiere abgebrochen werden musste. Schade, denn was man bis dahin zu hören und zu sehen bekam, machte durchaus Appetit auf mehr. Zwar ist Lehárs „Zarewitsch" kein Geniestreich wie „Die lustige Witwe", aber das Stück enthält doch einige markante Ohrwürmer. Und dass Harald Serafin in der Auswahl seiner Sänger ein glückliches Händchen besitzt, konnte er auch diesmal bravourös beweisen.

Star der Aufführung war - bis zum Pausenpfiff - der Rumäne Tiberius Simu, ein lyrischer Tenor der Extraklasse, der die Titelpartie mit geradezu Mozart-naher Empfindsamkeit gestaltete. Alexandra Reinprecht hatte als Tänzerin Sonja die nicht ganz einfache Aufgabe, diesen attraktiven Träumer aus Gründen der Staatsräson in die Geheimnisse der Liebe einzuweihen. Sie tat dies mit kräftiger, nicht immer verführerischer Stimme. Souverän, lustig Marko Kathol als Diener Iwan. Dass Lehar die Buffo-Partien eher spartanisch ausstattete, dafür konnte er nichts.

Zur Halbzeit fliehen der Zarewitsch und Sonja nach Venedig, so jedenfalls die Version, die sich Regisseur Peter Lund ausgedacht hat - im Original wäre es Neapel gewesen. Sei’s drum. Gemessen an den Eindrücken des Vorangegangenen hätte es richtig unterhaltsam werden können. Und ein Gewitter gibt’s ja auch nicht alle Tage.

Volker Boser

Operettenfestspiele Mörbisch, bis 29. August, Info unter Tel. 00 43 2682 66210-0.

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