Einfach außergewöhnlich

Nach acht Jahren gibt Festivalleiter Andreas Ströhl die Leitung des Filmfests München ab. Womit musste er kämpfen, was waren sein Erfolge? Und warum hat er bewusst auf Glamour verzichtet?
Adrian Prechtel |
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Das 29. Filmfest München geht am Samstag zu Ende. Es ist auch das Ende der Ära von Festivalleiter Andreas Ströhl, die 2004 begann.

AZ: Herr Ströhl, was war im Rückblick anders, als Sie es sich vorgestellt hatten?
ANDREAS STRÖHL: Ich habe erfahren, dass in München alles verboten ist, was nicht explizit erlaubt ist. Es gab einen Kampf mit der Bürokratie, einfach nur, wenn man ein Plakat aufhängen oder Werbestehlen aufstellen wollte. Ich glaube, unsere Prokuristin hat mit 13 verschiedenen Stellen verhandelt – das kostet unnötig Kraft. Wenn der Oberbürgermeister da nicht von oben geholfen hätte, wäre es noch anstrengender geworden.

Hat man Sie auch bei der Programmierung behindert?
Nein, das war immer klar: Ich bleibe unabhängig! Und da hat sich auch nie einer eingemischt. Positiv überrascht war ich, dass Parteipolitik in den Aufsichtsgremien nie eine Rolle gespielt hat.

Was war während Ihrer Zeit als Leiter schade?
Ich habe immer betont, dass wir mit viel zu wenig Geld ein fantastisches Filmfest machen – auch durch Selbstausbeutung. Und auf der Museumsinsel wurde es verpasst, ein Premierenkino für München zu schaffen und dort auch das Festivalzentrum aufzuschlagen. Man hätte da auch, an den alten Kongressaal anknüpfend, den weiteren Konzertsaal haben können. Da hätte München eine echte Isar-Kultur-Meile vom Gasteig bis zum Filmmuseum schaffen können. Jetzt erweitert sich nur das Deutsche Museum.

Sie wollten die Zahl der oft beliebig wirkenden Reihen verringern.
Nein, Reihen sollen ja eine Orientierungshilfe sein, um 200 bis 250 Filme zu gliedern.

Sie wollten auch die Zahl der Filme überhaupt reduzieren.
Das wäre paradoxerweise teurer, weil wir ja dennoch zum Filmfest alle Kinos anmieten würden und dennoch auf der Welt die besten Filme zusammensuchen müssten. Außerdem würden wir unser internationales Ansehen verlieren und bekämen nicht mehr die Filme, die wir wollen. Drastisch reduziert habe ich aber die Zahl der TV-Produktionen, die gezeigt werden. Wir präsentieren nur noch wirklich bemerkenswerte. Und das Filmfest München ist ein Kino–Festival!

Haben Sie das Ansehen des Filmfests München steigern können?
Ja. Jeder in der internationalen Branche kennt das Filmfest München und hat eine positive Assoziation. Wir bekommen heute international fast jeden Film, ohne Lizenzgebühr. Noch vor 10 Jahren habe ich ironisch gesagt: Das Filmfest München ist weltberühmt, aber nur in München!

Und wie läuft Ihr letztes Festival?
Wir steuern auf das zweitbeste Ergebnis meiner acht Jahre zu. Das ist wunderbar. Und das ist ein weiterer Grund, warum wir nicht weniger Filme zeigen können: Wir erwirtschaften ja ein Viertel unserer Kosten durch den Kartenverkauf und der Gewinn bei mehr Filmen ist auch wesentlich höher.

Haben Sie ein neues Publikum dazugewonnen?
Ich habe es als Auftrag verstanden, möglichst viele Menschen für Film zu interessieren. Es ging also ums Publikum und nicht um Glanz und Glamour. Die Filme, die wir gezeigt haben, kennt ja niemand. Und wenn wir große Namen zeigen, dann nur, weil sie was Gutes gemacht haben.

Aber Ihre unabhängigen Programmer bieten oft schwere Kost!
Unser Festival braucht natürlich Neugier. Wir fordern unser Publikum, aber der Erfolg gibt uns Recht. Je anspruchsvoller unser Programm wurde, desto mehr Leute kamen. Wenn zum Beispiel mein Programmer einen bolivianischen Independent-Film einlädt, der für 10000 Euro entstanden ist, hat das natürlich mit dem üblichen Mainstreamkino nichts zu tun. Aber es gibt dem Publikum die Chance, Außergewöhnliches zu entdecken.

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