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Daniel Libeskind, global einer der meistgefragten Architekten und City-Designer, will für die Münchner Beth-Shalom-Gemeinde eine Synagoge und ein Gemeindezentrum im Lehel bauen
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Daniel Libeskind, global einer der meistgefragten Architekten und City-Designer, will für die Münchner Beth-Shalom-Gemeinde eine Synagoge und ein Gemeindezentrum im Lehel bauen

Das Orchester in der telefonischen Warteschleife donnert schon Minuten lang „New York, New York“, doch dann kommt endlich er an den Apparat: Daniel Libeskind, einer der meistbeschäftigten Architekten unserer Tage, unter anderem verantwortlich für den Wiederaufbau des New Yorker World Trade Centers. Sein Englisch ist so schnell wie das eines Menschen, der keine Zeit zu verlieren hat, aber ein Wort wie „Bebauungsplan“ geht ihm auf Deutsch akzentfrei über die Lippen. Es ist auch nicht ganz unwichtig, der Schöpfer des Jüdischen Museums in Berlin kennt die deutschen Vorschriften. Nun möchte er für die Münchner Beth-Shalom-Gemeinde eine Synagoge im Lehel errichten (siehe Artikel unten).

AZ: Herr Liebeskind, was hat Sie für das Münchner Projekt begeistert?

DANIEL LIBESKIND: Jüdisches Leben und jüdische Kultur wurden in Deutschland während des Hitler-Regimes nahezu vollständig zerstört. Ich finde es einfach wichtig, jede Form von jüdischem Leben in Deutschland wieder aufzubauen. Das ist eine Aufgabe, an der ich mich sehr gerne beteilige.

Angeblich ohne Bezahlung.

Ich habe immer gesagt, dass dies für mich ein Non-profit-Objekt ist.

Sie haben sich im Lehel schon umgeschaut. Der Platz ist dort nicht sehr groß.

Aber er ist vollkommen adäquat für unser Vorhaben. Und wir werden es auch so arrangieren, wie es der Bebauungsplan vorsieht.

Erwartet die Münchner ein Libeskind-typischer, spektakulärer Bau?

Ich sehe mich nicht als Marke. Meine Gebäude, auch wenn sie teilweise sehr spektakulär sind, beziehen sich immer auf ihre Umgebung. Ich plane immer genau, in welchem Kontext sie stehen, und ich spiele mich dabei nicht in den Vordergrund. Außerdem geht es ja hier um eine Synagoge, das heißt, für mich steht bei der Architektur die Spiritualität im Vordergrund.

Sie bauen in Deutschland zur Zeit auch das Militärmuseum in Dresden.

Unsere Welt ist leider nicht friedlich. Aber ich glaube, dass ich mit diesen sehr unterschiedlichen Arbeiten auch zeigen kann, was ich unter meinem jüdischen Glauben und der jüdischen Tradition verstehe: die Toleranz zu fördern, das Verständnis für die verschiedenen Kulturen.

Denken Sie, dass Ihr prominenter Name das Projekt beschleunigen kann?

Ich hoffe zumindest, dass ich helfen kann.

Wieviele Menschen arbeiten denn zur Zeit an Ihren Projekten?

Hier in New York sind es siebzig, ich habe aber auch noch Büros in anderen Kontinenten. Dennoch bin ich ja immer derjenige, der die ersten Entwürfe macht, auch für die Synagoge in München.

Es ist Ihr erster religiöser Bau.

Wenn Sie damit sagen wollen, dass ich auf diesem Gebiet unerfahren bin, dann haben Sie Recht. Aber es gibt eine Jahrtausende alte Tradition für den Synagogenbau. Andererseits sind in den letzten zwanzig Jahren sehr viele neue Wege gefunden worden, die Geistigkeit und Spiritualität in modernen Gebäuden zum Ausdruck zu bringen. Ja, es ist mein erster religiöser Bau, aber ich hoffe, dass noch viele folgen werden.

Was würden Sie als Ihr wichtigstes Projekt bezeichnen?

Immer das, was gerade fertig wird. Am Donnerstag wird in Dublin das Grand Canal Theatre mit zweitausend Plätzen eröffnet. Aber natürlich ist das Münchner Projekt etwas Besonderes für mich.

Volker Isfort

Geheimsache Lehel

Am Wochenende stellte Daniel Libeskind nur der Münchner Beth-Shalom-Gemeinde seinen Entwurf für die geplante Synagoge und das Gemeindezentrum vor. Die Begeisterung war groß, es soll sich um ein vor allem dem ökologischen Gedanken verpflichtetes Projekt handeln.

Die etwa 300 Mitglieder starke liberale jüdische Gemeinde sorgte für Aufmerksamkeit, als sie im Herbst 2008 verkündete, den berühmten Amerikaner als Baumeister für ein neues Gemeindezentrum gewonnen zu haben. Das Projekt ist aber noch lange nicht gesichert.

Im Herbst besichtigte Libeskind erstmals das städtische Grundstück „Am Gries“ im nördlichen Lehel – eine etwa 2000 Quadratmeter große Wiese, umrahmt von Wohngebäuden. Der Stadt liegt bislang aber nicht einmal eine Anfrage vor, wie Michael Hardi, Pressesprecher des Planungsreferats, bestätigt. Solange keine Pläne eingereicht werden, könne man sich nicht dazu äußern, ob Libeskinds Entwurf mit dem bestehenden Bebauungsplan harmoniere.

Die Synagoge soll einen Gebetssaal, ein Café, einen Kindergarten mit 50 Plätzen und eine Kinderkrippe mit 24 Plätzen umfassen. Die Kosten: rund 13 Millionen Euro, die nach Angaben von Beth Shalom zu 40 Prozent aus öffentlicher Hand finanziert werden, zu 25 Prozent durch den Freistaat und zu 35 Prozent durch Spender. Allein der Verkehrswert des städtischen Grundstücks im teuren Wohngebiet wird auf rund sechs Millionen Euro geschätzt. Mit der Geheimnistuerei um Libeskinds Entwurf ist es aber bald vorbei, schließlich will die Gemeinde auch die Zustimmung der Münchner Bevölkerung für das Prestigeobjekt.

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