Ein ruhiger Mensch

Hubert von Goisern über Wirtshaussäle in der Provinz, den Heiligen Antonius als Wiederbringer verlorener Sachen und seine Auszeit in den kommenden beiden Jahren
von  Christoph Forsthoff

Heuer wird er 60 – kein Grund zum Innehalten für den Alpenrocker. Seine Kraft steckt der Oberösterreicher lieber in ungewöhnliche musikalische Projekte: Nachdem der versonnene Traditionalist drei Jahre lang auf einem zur Bühne umgebauten Frachtschiff herumreiste, zog der Bergmensch 2011 mit seiner urbanen Volksmusik durch die Wirtshäuser.

AZ: Getestet haben Sie die Lieder vergangenes Jahr auf einer Tour durch Dorfgasthäuser – wollten Sie endlich mal wieder ein vernünftiges Bier trinken und gut essen?

HUBERT VON GOISERN: Es gab zwar wunderbare Grießnockerlsuppen, aber die Schnitzel waren durchschnittlich. Erst beim letzten Konzert gab es ein versöhnliches Abschlussessen mit einem Kalbsbraten, jenseits aller Vorstellungen – einfach das Beste vom Besten!

Wenn’s nicht das Essen war, was hat Sie dann in die Provinz getrieben?

Nach meiner Linz-Europatour, die an Größe und Opulenz nicht mehr zu überbieten war, wollte ich etwas Gegensätzliches machen. Wirtshaussäle sind eine bedrohte Spezies. Die meisten sind niedergerissen oder umfunktioniert worden. Viele Wirte haben vergessen, dass in diesen Sälen mehr als Leichenschmäuse oder Hochzeiten stattfinden könnte – insofern hoffe ich, ein paar Leute auf Ideen gebracht zu haben.

Was der Zauber dort?

Dort gibt es keinen schützenden Rahmen. Du musst durch die Leute durch. Wenn du aufbaust, schauen sie dir zu. Nachher stehst du am Tresen und trinkst ein Bier mit den Leuten. Und das hat mir gut getan, so eine Normalität auch im Umgang mit meinem Publikum wieder zu erleben.

Sind die vielen ruhigen Lieder auf Ihrem neuen Album das Ergebnis dieser Erdung?

Ich bin ein langsamer Mensch. Diese Balladen sind für mich immer Momente, wo ich das auskosten kann.

Der neue Song „I versteh di nit” offenbart eine enge Beziehung zu Heiligen – obwohl Sie schon lange nicht mehr in der Kirche sind.

Das sind mehr religiöse Geschichten, auf die ich mich beziehe. Ich finde es wichtig, dass man eine gewisse Gelassenheit mit sich trägt. Da kommt mir der Glaube zu Hilfe – und ich habe auch keine Scheu, eine Anrufung zu machen.

Und wen ruft Hubert von Goisern an?

Der klassische Heilige ist da der Heilige Antonius. Jeder kennt die Situation, dass man etwa einen Schlüssel sucht. Irgendwann musst du dich mit dem Verlust abfinden. Dann kann man das Suchen dem Heiligen Antonius übergeben – und wenn es möglich ist, dann sorgt er dafür, dass du den Schlüssel findest. Einfach, weil du losgelassen hast. Letztlich ist das mehr Psychologie als Glaube.

Sonst spielt die Religion also keine große Rolle in Ihrem Leben.

Nein. Wobei meine Lieblingsheilige die Heilige Rita ist: Sie ist zuständig, das Unmögliche möglich zu machen. Die sollte man sich merken.

Jeder von uns hat Ziele im Leben – haben Sie die Ihrigen erreicht?

Vieles habe ich erreicht und bin mit vielem auch weit über das Ziel hinausgeschossen. Und natürlich gibt es noch Träume: Ich habe so das Gefühl, es werden immer mehr, statt weniger.

Stimmt es, dass Sie bald eine Auszeit nehmen?

Ich brauche eine Zäsur nach den 100 Konzerten. Mein Plan ist: Weg aus der Öffentlichkeit für zwei Jahre, weder als Musiker noch sonst irgendwie.

Was tun Sie in der Zeit?

Vielleicht vereinnahmt mich eine spannende Begegnung, vielleicht schreibe ich ein Buch oder Filmmusik. Aber vielleicht reicht es mir ja auch, dass ich in meinem Garten die besten Chilis züchte…

Es ist also alles offen?

Ja, Gott sei Dank – vielleicht gehe ich auch einfach 24 Monate Skifahren und fahre dem Schnee nach. Das kann ich mir gut vorstellen – vor allem Tiefschneefahren: Da ist jeder Schwung wie ein Ton.

Circus Krone, 21. 4., 20 Uhr,  Tel. 089/5458000, Tollwood, 8. 7., 19 Uhr, Tel. 0700-38 38 50 24

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