Ein Hauch von Befreiung
Spencer Tunick über seine Körperbilder zu Wagners „Ring des Nibelungen”
Am frühen Morgen des kommenden Samstags formt der US-Fotograf eine Nackt-Installation zu Wagners „Ring des Nibelungen” an verschiedenen Plätzen der Stadt. Rund 2500 Freiwillige haben sich bereits gemeldet, Zaungäste sind allerdings nicht zugelassen.
AZ: Wie beschreiben Sie Ihre Kunst, Mr. Tunick?
SPENCER TUNICK: Durchdringen der öffentlichen Sphäre mit Fleischarchitektur. Meine Arbeit kombiniert Performance-Kunst mit Landschaftskunst und Fotografie.
Seit wann fotografieren Sie unbekleidete Menschen?
In den frühen 1990ern arbeitete ich mit einzelnen Personen in den Straßen von New York. An einem gewissen Punkt hatte ich eine so lange Liste an Leuten, dass ich entschied, mit allen zu arbeiten. Das war 1994 und ich brachte 28 Menschen dazu, sich auf das Pflaster vor dem Gebäude der Vereinten Nationen in New York zu legen.
Was reizt Sie an Nacktheit?
Mich interessiert die Schönheit, die dem Körper innewohnt. Genauso fasziniert bin ich davon, die Fotografie zu nutzen, um die Nacktheit in der Öffentlichkeit einzufangen, wo der unbekleidete Körper meist nur als leblose Skulptur gesehen wird.
Wie viele Nackte hatten Sie schon bisher vor der Linse?
In meiner ganzen Karriere wahrscheinlich über 100000 Menschen. In Mexiko City hatte ich den Zócalo zu füllen, einen der größten Plätze der Welt. Ich brauchte 18000 Leute. Diese Installation war die größte.
Kam es schon zu skurrilen Situationen während eines Shootings?
Wenn die Teilnehmer zum ersten Mal ihre Kleidung ausziehen, kommt es wegen der Neuheit und Absurdität, zusammen in einer Gruppe nackt und in der Öffentlichkeit zu sein, oft zu Lachern. Nach diesem ersten Moment finde ich es jedes Mal fantastisch, wie die Leute sich auf eine gewisse Art beruhigen. Hinterher herrscht ein Hauch von Feier und Befreiung.
Was erwarten Sie von Ihrer Arbeit in München?
Ich hoffe, dass sich Hunderte oder sogar Tausende Menschen anmelden. Wir brauchen wirklich Leute, die über ihre Grenzen hinausgehen und uns einen Vertrauensvorschuss geben. Jeder, der posiert, bekommt einen limitierten Bildabdruck. Die Leute werden zusammen mit ihren Freunden und mir einen berauschenden Morgen bei dem Schaffen zeitgenössischer Kunst erleben.
Warum wählten Sie Wagners „Ring der Nibelungen”?
Ich wurde von der bayerischen Staatsoper eingeladen, mich von Richard Wagner und seiner Arbeit inspirieren zu lassen. Ich schaute mir einige der Ideen zur Inszenierung von Regisseur Andreas Kriegenburg an und stimmte sofort zu.
Verraten Sie, welche Ideen Sie haben?
Unter anderem werde ich den Atem des Drachen aus dem Ring des Nibelungen mit Menschenkörpern zeichnen. Alle weiteren Ideen bleiben bis Ende Juni ein Geheimnis – es wird aber bestimmt für alle Teilnehmer ein einmaliges Erlebnis!
Anmeldung bis 22. Juni, 22.30 Uht unter www.staatsoper.de (Mindestalter: 18 Jahre)
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