Ein guter Tropfen für den Leser
Noah Gordon verabschiedet sich von seinen deutschen Fans
Briefe und E-mails aus Deutschland erhält Noah Gordon noch immer täglich. Der 81-jährige Autor des Weltbestsellers „Der Medicus“ hat hier – dank seines 2005 verstorbenen Verlegers Karl Blessing – seine treueste Fangemeinde gefunden. So nimmt Gordon das Erscheinen seines jüngsten – und wie er sagt, letzten – Romans zum Anlass, sich von seinen deutschen Fans persönlich zu verabschieden.
„Der Katalane“ (Blessing, 494 Seiten) spielt im Spanien des 19. Jahrhunderts und beschreibt das abenteuerliche Leben des aus armen Verhältnissen stammenden Josep Àlvarez, der davon träumt, ein bedeutender Winzer zu werden. An die, wie immer, akribische Recherche für den Roman erinnert sich Noah Gordon besonders gerne: Er suchte mit seinem Sohn in Spanien Weinmuseen, Historiker und unzählige Bodegas auf.
AZ: Mr. Gordon, Josep bestellt seinen Weinberg – ein biblisches Motiv mit einem nicht ganz sittenstrengen Helden.
NOAH GORDON: Das Schöne am Schreiben ist ja, dass man seine Vorurteile und Haltungen wunderbar verarbeiten kann. Der Roman handelt sicher nicht von mir, aber meine Weltsicht fließt natürlich ein. Ich komme aus einem religiösen Haushalt. Mein Vater war so ein moralischer Mann, der aber doch religiöse Dogmen ablehnte. Ich versuche mein Leben lang, in seinen Fußstapfen zu gehen.
In Ihrer amerikanischen Heimat gibt es ja – nicht nur zu Zeiten des Wahlkampfes – durchaus den Hang zum religiösen Übereifer und Fanatismus.
Für mich ist Religion eine persönliche Sache und ich respektiere jedermanns Ansichten. Leider aber haben die meisten Religionen in der Zuspitzung etwas von einem exklusiven Zirkel, der genau den Weg zu Gott kennt. Das entspricht nicht meinen Ansichten. Und zum US-Wahlkampf kann ich nur sagen: Ich bin ein vollkommen enthusiastischer Unterstützer von Barack Obama und seinem Vize Joseph Biden. Ehrlich, ich bin voller Hoffnung, dass Obama eine Menge ändern wird – nicht nur in Amerika, sondern auf der ganzen Welt.
Ein US-Projekt war gescheitert, die Rechte fielen wieder an mich zurück. Und ich bin nach den Gesprächen mit Nico Hofmann und Wolf Bauer wirklich begeistert. Was mich auch überzeugt hat, war Hofmanns Arbeit „Der Tunnel“ – großartig besetzt bis in die kleinsten Nebenrollen. Ich muss gestehen, dass ich die wunderbaren deutschen Schauspieler nicht kannte, aber ich habe Nico Hofmann und Regisseur Roland Suso Richter, der den „Medicus“ übernehmen wird, gesagt, dass ich mir so ein perfektes Casting wünsche.
Warum haben Sie sich entschieden, das Drehbuch selbst zu schreiben?
Der Medicus“ hat einen ganz besonderen Stellenwert in meinem Leben. Ich kann das Buch nicht so einfach in andere Hände geben. Jetzt arbeitete ich zusammen mit meiner Tochter am Skript. Wir streiten und wir lachen viel, es ist ein richtiges Vergnügen.
Und bei den Dreharbeiten werden Sie dem Regisseur auf die Finger schauen?
Auf gar keinen Fall. Ich werde sicherlich nicht am Set wohnen. Aber man hat mir gesagt, dass es manchmal hilfreich sein kann, ein paar Drehtage dabei zu sein und mit den Schauspielern zu reden und Schwierigkeiten auszuräumen. Das ist alles neu für mich, es ist ja mein erstes Drehbuch.
Sie haben häufig betont, dass Schreiben für Sie die schönste Betätigung sei. Betrachten Sie das Ende Ihrer Autorenkarriere mit viel Wehmut?
Ich habe mein ganzes Leben lang hart gearbeitet, manchmal in drei oder vier Jobs gleichzeitig. Und ich spüre, dass ich nicht mehr die Energie für einen großen Roman aufbringen möchte, allenfalls noch für einige Kurzgeschichten. Da nehme ich mir lieber die Zeit, meinen Enkeln beim Fußballspielen zuschauen zu können.
Volker Isfort
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