Ein dickes Geschenk
Wenn der Storch zu früh kommt: Ellen Page ist »Juno«, die nach dem ersten Sex schwanger ist. Nach dem Drehbuch von Oscar-Gewinnerin Cody Diablo gelingt dem Kanadier Jason Reitman umwerfend menschliche Komödie.
Ist es nicht ein wunderbares Gefühl? Man kommt aus dem Kino und ist so beschwingt wie bei einem kleinen Schwips. Dabei hätte alles ganz anders aussehen können bei dem heiklen Thema Teenager-Schwangerschaft – im US-Land, wo Neokonservative Jungfrauenkult treiben und Ärzte, die Abtreibungen vornehmen, vor Kliniken durch Demonstrantenhorden Spießrutenlaufen und manchmal auch erschossen werden.
Bei Jason Reitman (siehe Interview, Seite 45) ist davon nur eine evangelikalfundamentalistische asiatische Klassenkameradin geblieben, die mit selbstgebasteltem Schild vor der Schwangerschaftsberatung Juno (Ellen Page) hysterisch ausmalt, dass „der Fötus schon Fingernägel“ hat. Aber Juno behält kühlen Kopf, wird unterstützt von ihrem ruhigen Vater und am Ende sogar von der hunde-närrischen Stiefmutter. „Ich glaube“, sagt die lässige Juno, „das Baby sieht im Moment noch aus wie ’ne mickrige Krabbe.
Wir sollten es vielleicht noch etwas niedlicher werden lassen.“ Der Film ist voll von wunderbar natürlich wirkenden, witzigen Dialogen. Brook Busey (30) hat sie geschrieben, die unter dem Künstlernamen Cody Diablo schon als Stripperin arbeitete und darüber einen Bestseller schrieb („Pussy Ranch“). Für „Juno“ hat sie gerade den Drehbuch- Oscar bekommen.
Komödien können alles
Regisseur Jason Reitman ist Kanadier und diese größere Distanz zu den albernen US-Teeniekomödien merkt man dem Film angenehm an. Reitman hat schon mit seiner politisch unkorrekten Tabaklobby-Satire „Thank You for Smoking“ bewiesen: Komödien können alles – frech sein und dabei auch intelligent. „Juno“ ist bei alledem auch noch ein besonders liebenswerter Familienfilm, getragen von der oscarnominierten Ellen Page als Juno, die beim spontanen ersten Mal mit ihrem netten, leicht überforderten Freund leider ein Kind zeugt. Der Film macht sich bei allem Humor über niemanden lustig.
Auch Jennifer Garner, die eine neureiche kinderlose Ehefrau spielt, die Junos Kind adoptieren will, ist wunderbar neurotisch gezeichnet. „Ich geb’ euch das Geschenk des Lebens: süßes, plärrendes, kackendes Leben“, setzt Juno sympathisch realistisch gegen die Baby-Hysterie der Garner-Figur. „Ich hab’ super Laune. Abgesehen davon, dass ich in ’nem Walkostüm stecke, das ich nicht ausziehen kann“, sagt sie einnehmend mit Trommelbauch.
Und am Ende macht sie wieder das, was sie so liebt: Gitarrespielen – mit ihrem Teeniefreund. Und der Zuschauer verlässt gerührt, beglückt und amüsiert das Kino.
Adrian Prechtel
Kino: Atelier, Atlantis (OmU), Leopold, Mathäser, MaxX, Tivoli, Cinema in OF R: Jason Reitman (USA, 96 Min.)