Doppelt gemoppelt
Zwei Quartette an einem Abend und die Moskauer Solisten im zweimal eher mäßig besuchten Herkulessaal
Theoretisch scheint es eine sehr gute Idee, zwei Quartette erst einzeln und nach der Pause gemeinsam musizieren zu lassen. Praktisch ist die Idee schwieriger zu verwirklichen: In Jahren oder gar Jahrzehnten eingespielte Kammermusik-Ensembles haben ein einzelgängerisches Wesen, das nicht unbedingt nach Partnerschaft drängt.
So kam es auch. Das Vogler Quartett überraschte mit dem manisch-depressiven Streichquarett Nr. 1 des Böhmen Erwin Schulhoff, der 1942 im Lager Wülzburg bei Weissenburg in Bayern (nicht in Würzburg, wie es im Programmheft hieß!) an Entkräftung zu Grunde ging. Auf zwei motorisch wilde, mit murmelndem Spiel am Steg gefärbte Sätze folgte jedes Mal ein trauriges Adagio. Die vier heftigen Herren hinterließen einen ebenso nachhaltigen Eindruck wie das repertoiretaugliche Stück.
Bei Antonín Dvoráks Quartett C-Dur op. 61 schlichen sich bange Zweifel ein, ob der eher süße, dynamisch weniger reiche und klassisch gemäßigte Zugriff des Quatuor Sine Nomine zu den temperamentvolleren Voglern passen würde. Tatsächlich holten sie mit vereinten Kräften den feurig symphonischen Schwung aus Mendelssohn Bartholdys Oktett prächtig heraus. Vor allem aber im Scherzo fehlte ein Grad an virtuosem Gleichklang zum vollständigen Glück. Ausgerechnet diesen Satz wiederholten die Acht allerdings als Zugabe.
Die Moskauer Solisten unter Yuri Bashmet
Tags zuvor bot der gleiche Veranstalter im gleichen Herkulessaal die Moskauer Solisten unter Yuri Bashmet auf. Von einem halben Jahrhundert historischer Aufführungspraxis gänzlich unangekränkelt versahen sie Haydns Symphonie Nr. 49 „La Passione“ mit einem Speckrand warmer Rundung. Zu diesem Ansatz passte der dunkel timbrierte Geigenton der Münchnerin Veronika Eberle in Schuberts leichtgewichtigem Rondo für Violine und Streicher. Nach der Pause mischte er sich ideal mit Bashmets Bratsche bei Mozarts Sinfonia concertante KV 364.
Die Freundlichkeit guter alter Kammerorchesterzeiten wirkte einnehmend, aber auch ein wenig eingeschliffen routiniert. Ähnlich zwiespältig auch das abschließende Concerto in D von Igor Strawinsky. Herzhaft und deftig erklang es, im Gegensatz von Solo und Masse jedoch viel zu verhalten: Komponiert wurde es für ein weitaus größeres Streicherensemble mit mindestens vier Kontrabässen. Jede kleinere Besetzung bleibt ein Kompromiss.
Robert Braunmüller