Don Qijote: Mit Wahnsinn gegen die Wirklichkeit
Im Cuvilliés Theater inszenierte Johannes Schmid "Don Qijote von der Mancha" als poetisch-philosophisches Märchen
Dass ein fahrender Ritter mit Grund verrückt wird, dafür gibt’s keinen Dank; die echte Probe ist, ohne Anlass wahnsinnig zu sein.“ Nach dieser Maxime lebt Don Quijote, der sich in der Trivialwelt einer versunkenen Ritterromantik verloren hat. Im Cuvilliés Theater inszenierte Johannes Schmid den 400 Jahre alten Bestseller „Don Quijote von der Mancha“ von Miguel de Cervantes Saavedra aber nicht mit dieser Verrücktheit, sondern erzählt mit barocken Anleihen ein poetisch-philosophisches Märchen. Das taugt zwar für die ganze Familie, ist aber vor allem im ersten Teil enttäuschend brav und spannungslos. Dennoch am Ende großer Premieren-Applaus. Rot zackt ein Berg in den Himmel, davor ein paar Grasbüschel und ein Baum (Bühne: Marie Holzer): Hier ziehen der selbsternannte fahrende Ritter Don Quijote und sein Knappe Sancho Pansa auf Abenteuer aus. In allem sieht Don Quijotes Fantasie Gefahren und Herausforderungen, die seinen heldischen Einsatz erfordern.
Er projiziert seine Traumwelt auf die profane Wirklichkeit, die hart zurückschlägt. Mit dem Schwert rennt er gegen die Windmühlen – hier Ventilatorenkästen – an, die er für Riesen hält. Die Schafherden, die als Schatten an der Wand blöken, sieht er als kämpfende Heere. Und das Puppentheater, das Schmid als hinreißend komischen Stummfilm zeigt, haut er in Stücke, um das Liebespaar vor seinen Verfolgern zu retten. Immer ist er am Ende der schwer blessierte Verlierer, der die Erkenntnis der Realität sofort ummünzt in Zauberei. Die Fassung von Dramaturg Georg Holzer und Regisseur Johannes Schmid setzt auf den Märchen-Aspekt der Fabel und die feine Komik der barocken Sprache. Stefan Wilkening spielt den Ritter von der traurigen Gestalt verhalten, leise und melancholisch, unterschlägt den Wahnsinn, die Besessenheit, den Furor. Dadurch fehlt seinen Abstürzen in Vernunft und Hellsicht die Fallhöhe. Nur einmal darf er wie ein ausgelassenes Kind im Hemd über die riesigen Sitzkissen turnen, die auch mal zu Pferd und Esel werden.
Alfred Kleinheinz überzeugt als Sancho Pansa mit bauernschlauer Gewitztheit und rührender Ergebenheit. Aber ein wenig von Dick und Doof dürften Herr und Diener schon gelegentlich haben, um sich in ihren absurden Disputen nicht zu sehr zu ähneln. Anna Riedl in den Frauenrollen, Peter Albers als Pfarrer und Wirt und Stefan Maaß als Sansón und Puppenspieler schlüpfen lustvoll in wechselnde Kostüme (Katja Raine).
Schön und elegisch die Musik von Michael Emanuel Bauer, die Gitarrist Thomas Etschmann und Cellist Jost Hecker aus der Seitenloge beisteuern. Nach der Pause gewinnen Tempo und Action mehr Drive, doch der Regisseur hätte ruhig öfter in die Theater-Trickkiste greifen dürfen. Assoziationen zu virtuellen Welten von Heute jedenfalls stellen sich bei dieser besinnlichen Inszenierung kaum ein.
Gabriella Lorenz
Cuvilliés Theater, 17., 19., 20., 27. Okt., 9., 20. Nov., 19.30 Uhr, 6. Dez., 19 Uhr, Tel. 21 85 19 40
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