Die vielbesuchte Baker Street

Sherlock Holmes kommt wieder in die Kinos, die BBC setzt ihre Miniserie fort und Anthony Horowitz hat nun ein neues Abenteuer für Holmes erfunden – das erste „offizielle” seit 90 Jahren
Volker Isfort |
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Alter schützt nicht vor Erfolg. Im Jahr 1887 veröffentlichte der Arzt Arthur Conan Doyle seine erste Detektivgeschichte um Sherlock Holmes und seinen treuen Freund Dr. Watson. Er revolutionierte das Krimigenre, weil er die Beweisführung wissenschaftlicher und logischer gestaltete.

124 Jahre später sind die beiden Protagonisten so populär wie selten: Guy Ritchies Fortsetzung seines Holmes-Filmerfolges mit Robert Downey Jr. (Watson) und Jude Law (Holmes) kommt am 22. Dezember in die Kinos. Die mit großem Erfolg heuer im ZDF ausgestrahlte BBC-Serie „Sherlock” geht in die Fortsetzung. Das spannendste und ambitionierteste Projekt aber gibt es in Buchform: Heute erscheint das erste neue Abenteuer des Detektivs, verfasst von Anthony Horowitz (er schrieb auch Drehbücher für „Inspector Barnaby”) – offiziell abgesegnet vom Sir Arthur Conan Doyle Literary Estate.
„Das Geheimnis des weißen Bandes” ist keineswegs ein gewöhnliches „Drei-Pfeifen-Problem”, sondern ein besonders kniffliger Fall, der sich quer durch die Milieus der viktorianischen Gesellschaft zieht. Auch Holmes „Irreguläre”, die gelegentlich für ein paar Pence für ihn arbeitenden Straßen- und Waisenjungs, spielen eine gewichtige Rolle in diesem Roman. Hier hat sich Horowitz – wie er selbst anmerkt – auch bei Charles Dickens bedient.

Sprachlich bleibt Horowitz dem großen Vorbild Doyle eng auf den Fersen. Trockenhumorig beschreibt er beispielsweise ein schäbiges Pensionszimmer mit einem Bett, „das erschöpfter aussah als jeder Gast, der vielleicht darauf Schlaf zu finden versucht hätte”. Vor allem aber verfolgt er seine heikle Aufgabe mit heiligem Ernst. So fühlt sich der Leser auf eine angenehm altmodische Art hineingezogen in einen Fall, der blutig beginnt und die Schrecken dosiert immer weiter vorantreibt.

Holmes Analysen, die Watson auch nach Jahren der gemeinsamen Ermittlung verblüffen, sind die unüberbietbaren Kabinettstückchen. Horowitz hat mit seinem verwinkelten, passgenau konstruierten Fall dafür gesorgt, dass es viel zu deduzieren gibt. Das mag auch die mehrjährige Verspätung erklären, mit der er sein Buch abgeschlossen hat.

Kaum eine literarische Figur ist so häufig persifliert, adaptiert oder modernisiert worden wie das Kombiniergenie aus der Baker Street 221B. Guy Ritchie hat gar einen „Indiana Jones auf Drogen” aus ihm gemacht, wie ein wütendeter Holmes-Fan dem „Guardian” schrieb. In Horowitz’ neuem Holmes bleibt die Kokainspritze brav im Marokkoleder-Etui auf dem Kaminsims, der Fall erfordert die volle detektivische Aufmerksamkeit von allen. Ein großartiges Lesevergnügen.

Anthony Horowitz: „Das Geheimnis des weißen Bandes” (Insel, 350 Seiten, 19.95 Euro)

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