Die schwierige Balance zwischen Mädchen und Jungs
„Tomboy“ aus Frankreich ist ein frisch-fröhlich tiefer Kinderfilm auch für Erwachsene.
Die Familie ist umgezogen, es sind noch Ferien, und auch die 10-jährige Laura beschließt einen Neustart – mit Jungs-T-Shirt, kurzen Hosen und leichtem Cowboy-Gang. Als sie in der neuen Wohngegend die anderen Kinder erstmals trifft, gibt sie sich als das aus, was sie gerne wäre: ein Junge. Sie sagt – auch zum heimlichen Jungenschwarm Jeanne – „Salut“ als Michael.
Ein deutscher Film hätte daraus ein düster-hartes Identitätsdrama gemacht, mit versagenden Eltern. Wer 1999 „Boys Don’t Cry“ mit Hilary Swank gesehen hat, weiß wie grausam so eine Geschichte in der US-Provinz enden kann. Aber es ist Sommer und wir sind in Frankreich – und da gelingen Kinowunder: Die Geschichte wird nicht verharmlost, auch weil spätestens mit Beginn des Schuljahres alles auffliegen muss.
Regisseurin Céline Sciamma gelingt es, die Kinder so unbefangen und so intensiv spielen zu lasssen, dass man sich in einem heiteren Dokumentarfilm wähnt. Dabei ist die Geschichte intelligent konstruiert: die mädchenhafte kleine Ballett-Puppen-Schwester als Spiegel, die Jungs, die weder Hyänen noch Engel sind, die Eltern, die verständnisvoll sind, aber auch nicht alles richtig machen (können). Und bei alledem ist „Tomboy“ liebevoll versöhnlich, französisch eben: Tiefe und Leichtigkeit in Balance.
Kino: Neues Arena, R: C. Sciamma (F, 84 Min.)
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